Kaputt reguliert, unrealistisch und sehr sehr zu teuer: Die nationalen Telekomanbieter laufen Sturm gegen die 5G-Pläne der Politik und haben Klage eingereicht. Das zähe Ringen belastet die Aktienkurse, könnte sich am Ende aber für die Anleger bei der T-Aktie mehr als auszahlen.
Der Plan klingt kühn: Mit der Modernisierung des Telekomnetzes auf den 5G-Standard will die Politik ein flächendeckendes Hochgeschwindigkeitsnetz etablieren, das selbst die letzten Winkel der Republik mit Übertragungsraten versorgt, die um das 100fache (bis zu 10.000 MBit/s.) über dem LTE-Standard liegen.
Das klingt zu schön, um wahr zu sein? Ist es auch, jedenfalls nach Einschätzung derjenigen, die das Netz errichten sollen. Die von der Bundesnetzagentur an die Frequenzvergabe gekoppelten Auflagen für die Betreiber seien völlig unrealistisch und schafften Rechtsunsicherheit, zitierte die Welt unlängst einen Sprecher der Deutschen Telekom.
Der Ex-Monopolist klagt deshalb gegen die Behörde und deren strenge Auflagen. Die Angst in Bonn: Wenn die Errichtung des 5G-Netzes immer teurer wird, wirkt sich das negativ auf die zukünftigen Gewinne aus.
Die Deutsche Telekom ist in guterGesellschaft, zuvor hatten bereits die anderen beiden Telekom-Granden Telefonica und Vodafone Klage eingereicht.
Aktie unter Druck
Nach Einschätzung von Emmet Kelly ist die ungeklärte Lage bei 5G einer der Gründe, weshalb der Aktienkurs des DAX-Konzerns derzeit Wasser tritt. Während das Papier von September bis Dezember 2018 eine erstaunliche Solidität ausstrahlte und in dieser Phase den DAX klar outperformte, beträgt die Underperformance seit Jahresbeginn volle 3,3 Prozentpunkte.
Kelly ist überzeugt, dass die Verunsicherung weiter anhält, so lange in den Verfahren kein Urteil gesprochen wurde. Der Analyst von Morgan Stanley sieht bei einem anderen Belastungsfaktor hingegen keinen Grund zur Sorge. Bei der Frequenzvergabe favorisiert der Regulierer nämlich den Einstieg eines neuen Wettbewerbers, um den Konkurrenzkampf anzuheizen und – weil das häufig über die Endkundenpreise geht – die Kosten für die Verbraucher zu senken. Ein Name, der in diesem Zusammenhang genannt wird: United Internet (UI).
Wie realistisch ist ein solches Szenario? UI müsste zunächst eine eigene Netzinfrastruktur aufbauen, deren Kosten konservativ auf mehr als eine Milliarde Euro geschätzt werden. Morgan Stanley schreibt, das ähnliche Vorhaben in der Vergangenheit (Mobilcom/Telefonica bei 3G) bei den Kosten jedoch derart ausuferten, dass die Beteiligten schließlich sogar auf eine Inbetriebnahme verzichteten – nach Investitionen in zweistelliger Milliardenhöhe in die entsprechenden Frequenzen.
United-Internet-Chef Ralf Dommermuth will den finanziellen Kraftakt offenbar mit Hilfe von Kooperationspartnern stemmen, auf die er einen Teil der Kosten abwälzt, hieß es zuletzt in den Medien. Allerdings steht eine endgültige Entscheidung noch aus. Morgan Stanley schrieb zuletzt hingegen, man rechne aufgrund der hohen Risiken mit einem Rückzug von UI bei 5G.
DER AKTIONÄR meint: Sollte sich die Einschätzung der Analysten bewahrheiten, wäre ein solcher Verzicht und damit der Wegfall eines potenziellen Konkurrenten noch nicht hinreichend im Kurs berücksichtig. Was die Klagen betrifft, verbleibt zwar ein Unsicherheitsfaktor. Allerdings dürften sich die Beteiligten am Ende wohl einigen. Die Politik steht unter massivem Druck, weil Deutschland international den Anschluss in der Digitalisierung zu verschlafen droht. Einer Studie von Ericsson zufolge wird der 5G-Standard ab 2021 durchstarten. Viel Zeit bleibt da für die Deutschen nicht.
Anleger sollten die Durststrecke bei der T-Aktie als Einstiegschance nutzen oder Positionen ausbauen, zumal das Papier eine attraktive Dividendenrendite von 4,5 Prozent aufweist. Fallen die Belastungsfaktoren weg, dürfte das dem Kurs als Katalysator dienen. Das Kursziel bleibt bei 19,50 Euro.