Der Kursanstieg vom Mittwoch, als die Gerüchte um einen Zusammenschluss von Deutsche Bank und Commerzbank nochmal frischen Wind bekamen und die Aktien beider Institute etwas hochzogen, könnte sich als Strohfeuer erweisen. Nicht, dass die Gerüchte vom Tisch wären. Sie kriegen nur erstmal vermutlich keine neue Nahrung mehr. Aber das ist gar nicht der Punkt. Eine ganz andere Nachricht ist real und liegt jetzt wie ein Schatten über dem Papier, der auch noch dunkler zu werden droht.
Als EZB-Präsident Mario Draghi gestern seine Einschätzung zur wirtschaftlichen Lage Europas zum Besten gab, spitzten auch die Verantwortlichen in den Banktürmen ihre Ohren – und wurden enttäuscht. Oder, bei gewisser Voraussicht, einfach nur in ihrer Ernüchterung bestätigt. Dass das Programm zum Kauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren tatsächlich zum Jahresende ausläuft – geschenkt*. Das war klar. Aber – und darauf hatten einige vielleicht gehofft – ein Anzeichen dafür, dass die EZB in absehbarer Zeit an der Zinsschraube drehen wird, war nicht zu erkennen. Was für Sparer eine schlechte Nachricht ist, ist für Banken einfach nur eines: grauenhaft. In einer Zeit, in der die Branche durch Anbieter wie Paypal, Wirecard und Adyen disrupted wird, wie die strukturelle Veränderung eines ganzen Sektors neudeutsch gern genannt wird, ist der Zinsertrag immanent wichtig. Die Margen, die Banken früher im Zinsgeschäft erzielt haben, schmelzen wie Eis in der Sonne. Und das ist ein Problem.
Denn die Möglichkeiten für eine Bank auf andere Art und Weise in diesem immer herausfordernder werdenden Umfeld Geld zu verdienen, sind eingeschränkt. Institute erheben neuerdings wieder Gebühren für Kontoführung, Geldabhebungen und ähnliche „einfache“, bisher oftmals kostenfreie Bankleistungen. Diese Vorgehensweise hat jedoch Grenzen, und die dürften erreicht sein. Sie fängt zudem die Mindereinnahmen aufgrund des andauernden Niedrigzinses der EZB nur unzureichend auf. Bei der Deutschen Bank liest sich das so: 2015 erwirtschaftete das Institut einen Zinsüberschuss in Höhe von 15,9 Milliarden Euro. 2016 waren es 14,7 Milliarden. 2017 sank der Wert auf 12,4 Milliarden Euro. Für 2018 rechnet die Bank mit einem unveränderten Wert. Das wäre immerhin kein Minus mehr. Aber eben auch kein Gewinn. Die Aussicht, dass der Leitzins weiterhin auf Null-Niveau verharren wird, belastet in der Folge auch die Ertragslage der Banken und ist damit für sie wie für Sparer eine ganz schlechte Nachricht. Angesichts der Tatsache, dass Beobachter ohnehin Zweifel haben, wie die Deutsche Bank nachhaltiges Erlöswachstum generieren möchte, sind die Aussagen Draghis besonders bitter für sie. Am Ende bleibt: Die Margen im Zinsgeschäft bleiben gering. Im Provisions- und Gebührengeschäft ist aufgrund der härter werdenden Wettbewerbssituation kaum noch Luft nach oben. Das Investmentbanking hat zuletzt nicht gerade geglänzt, im dritten Quartal gingen die Erträge um 13 Prozent zurück. Da fragt man sich in Einklang mit einigen Analysten: Woher soll die Ertragsfantasie kommen, wo der Impuls für einen wieder nachhaltig steigenden Aktienkurs?
*Einem Sternchen folgt immer eine Erklärung, so auch hier: Der Anleihekauf ist gestoppt. Es handelt sich jedoch hierbei um ein Ende ohne Ende. Denn der Stopp bedeutet nicht, dass die EZB keine Anleihen mehr kauft. Er bedeutet nur, dass sie keine neuen zusätzlichen Anleihen mehr kauft. Was in der Bilanz steht – Wertpapiere im Wert von 2,6 Billionen Euro – wird allerdings erhalten, indem Papiere, die auslaufen, durch neue ersetzt werden. Die Allianz hat schnell nachgerechnet: Die EZB wird so weiterhin jährlich Anleihen im Wert von 170 Milliarden Euro aufkaufen. Wer jetzt den Rechenschieber bemüht, stellt fest: Das ist ja exakt fast die Summe, die die EZB zuletzt für Anleihekäufe ausgegeben hat. Mit 14,2 Milliarden Euro pro Monat liegt sie nur geringfügig unter den bis Ende Dezember anvisierten 15 Milliarden Euro. Soll heißen, und das gehört zur Wahrheit: Es ändert sich nichts, es wird nur anders gehandhabt.
Dieser Beitrag ist dem heutigen Börsen.Briefing. entnommen – dem neuen täglichen Newsletter des Anlegermagazins DER AKTIONÄR. Registrieren Sie sich jetzt kostenfrei für das Börsen.Briefing. und starten Sie täglich bestens informiert in den Handelstag.
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