JP Morgan, Goldman Sachs, Jefferies. Sie alle haben in den letzten Tagen ihre Kursziele für die Daimler-Aktie noch einmal nach unten geschraubt. Das Papier des Automobil-Herstellers steigt dennoch. War das Schlimmste im Kurs bereits eingepreist?
Zugegeben, die Automobil-Hersteller sind von der Corona-Krise schwer getroffen. In vielen Fabriken stehen die Bänder vorübergehend still. Nach dem Absturz der Neuverkäufe in China um über 42 Prozent in den Monaten Januar und Februar folgte der Zusammenbruch in den USA und in Europa. "Wir stehen vor einer Herausforderung in bisher nie gekanntem Ausmaß", sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller.
„Es ist eine Kettenreaktion aller Kernmärkte haben: China - Europa - USA. Es sieht nach einem äußerst ernsten Nachfrageeinbruch aus, der lange Zeit braucht, um sich wieder zu stabilisieren“, sagt Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer gegenüber dem AKTIONÄR.
VW-Chef macht Hoffnung
Dennoch: Bereits vergangene Woche versprühte allen voran Volkswagen-Chef Herbert diese Hoffnung. "Wenn man davon ausgeht, dass man die Krise ähnlich schnell behandelt wie China, dann kann man sicherlich auch mit einem blauen Auge davonkommen", sagte Diess in einem Interview mit dem Journalisten Gabor Steingart. In China sieht sich VW nach der Lockerung von Einschränkungen für die Wirtschaft wieder auf dem aufsteigenden Ast.
Positive Töne von Källenius
Auch Daimler-Chef Ola Källenius zeigte sich in einem Interview mit BBC vor wenigen Tagen kämpferisch. In einem Überlebenskampf sehe er Daimler nicht, sagte Källenius. Aber klar ist: Sehr lange darf der Zustand nicht anhalten. Zur Sicherheit hat Daimler mit mehreren Banken eine Vereinbarung über eine neue Kreditlinie von 12 Milliarden Euro geschlossen.
Die letzten Wochen haben die Anleger auf eine harte Probe gestellt. Die Aktien der Automobil-Hersteller wurden böse abgestraft. In den letzten tagen waren die Papiere von Daimler, Volkswagen und BMW allerdings die großen Gewinner.
Es bleibt dabei: Die nächsten Monate oder womöglich auch Jahre werden für BMW, Daimler und Volkswagen nicht einfach. Es gilt, die aktuelle Krise mit Umsatzeinbrüchen von möglicherweise rund 25 Prozent gut zu überstehen. Gleichzeitig muss der Umbruch weg von der Cash-Cow der vergangenen Jahre, dem Verbrennungsmotor, hin zur Elektromobilität gemeistert werden. Nicht einfach, aber machbar.
Gut möglich, dass institutionelle Investoren ( z.B. Geely, BAIC) das niedrige Kursniveau zum Beispiel bei Daimler genutzt haben, um bestehende Positionen auszubauen. Spannendes Thema ist auch ein mögliches Konjunkturprogramm der Bundesregierung im zweiten Halbjahr. Von diesem könnten die Automobil-Hersteller besonders profitieren. Anleger laufen nicht den gestiegenen Kursen der letzten beiden Tage nach. Erst eine Kursberuhigung eröffnet möglicherweise wieder gute Kaufchancen.
Hinweis auf Interessenkonflikte gemäß §34b WpHG: Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die durch die durch die Publikation etwaig resultierende Kursentwicklung profitieren: Daimler.