Bislang hat Ola Källenius noch nicht viel zu seiner Strategie durchblicken lassen, mit der er den schwächelnden Autobauer Daimler wieder zurück zum Erfolg führen will.
Was er bisher an Zahlen verkünden musste, war wenig glanzvoll: Gleich zweimal innerhalb weniger Wochen korrigierte Daimler seine ohnehin zurückhaltende Prognose für das laufende Jahr nach unten. Zum ersten Mal seit Jahren rutschte der Autobauer in die roten Zahlen. Wie geht es mit der Daimler-Aktie weiter?
Dass Daimler in die roten Zahlen rutschte, daran waren in erster Linie Sondereffekte schuld, deren Ursachen weit zurückreichen. So legte der Konzern Milliarden für Rechtsstreitigkeiten und Rückrufe unter anderem im Zusammenhang mit dem Dieselskandal zurück. Das normale Geschäft läuft allerdings auch nicht rund.
Der Anlauf neuer Modelle stockt, der Absatz im ersten Halbjahr schwächelte, während auf der anderen Seite der Aufbau der Elektroautomarke EQ und die Forschung am automatisierten Fahren riesige Summen verschlingen.
"Die Zahlen sind alles andere als zufriedenstellend", hatte Källenius ohne Umschweife zugegeben und Besserung versprochen, Details blieb er bislang allerdings weitgehend schuldig. Er will alles noch mehr straffen und effizienter machen, Kosten sparen, wo es geht, und womöglich auch Hand an die Modellpalette legen, deutet er an - und bittet ansonsten um Geduld. Erstmal soll das Problem mit der mangelnden Verfügbarkeit der Fahrzeuge gelöst werden. Mitte November, sagt Källenius, werde er dann ein Gesamtpaket zur Strategie für die kommenden Jahre vorlegen.
"Aus meiner Sicht ist das ein angemessener Zeitplan", sagt Branchenanalyst Arndt Ellinghorst von der Investmentberatung Evercore ISI. Man solle nicht vergessen, dass sowohl Källenius als Vorstandschef als auch Finanzvorstand Harald Wilhelm neu auf dem Posten seien. "Die Lage der deutschen Premiumhersteller ist sehr bedenklich – da sollte sich Daimler genügend Zeit nehmen, einen nachhaltigen Plan zu entwickeln", sagt Ellinghorst.
Die Liste der Baustellen ist in der Tat lang und enthält auch jenseits des Diesel-Theaters viele Unwägbarkeiten. Die EU macht Druck mit sinkenden Grenzwerten für den CO2-Ausstoß. Daimler plant auch deshalb für das Jahr 2025 mit bis zu 25 Prozent Elektroanteil bei den Neuwagen-Verkäufen. Ob die Kunden da mitziehen, ist aber offen. Die neue EQ-Serie läuft gerade erst an. Bis 2039 will der Autobauer seine Neuwagen-Flotte dann komplett CO2-neutral machen, wobei auch da viele Details noch nicht geklärt sind.
Dazu steckt der Konzern gerade mitten in einem Konzernumbau, der den bisweilen etwas behäbigen Riesen in selbstständige Sparten aufteilen und damit schneller und wendiger machen soll. Investoren hoffen noch immer, dass Daimler dann die Lastwagen-Sparte einzeln an die Börse bringen könnte – was offiziell derzeit aber kein Thema ist.
Spannend bleibt, ob Källenius im November gleich auf alles eine Antwort parat haben wird. Die Erwartungen dürften in jedem Fall enorm sein. Eine Ankündigung des neuen Vorstandschefs hat sich immerhin schon erfüllt: Die Verkaufszahlen sahen zum Start ins zweite Halbjahr schon deutlich besser aus.
Dennoch scheint die Dividende in Zukunft in Gefahr zu sein. Zumindest könnten die Rahmenbedingungen für eine stabile Dividende im Vergleich zum Vorjahr besser aussehen.
"Es macht Sinn, die Aktionäre von schwierigeren Jahren und niedrigerer Dividende zu überzeugen."
2019 schüttete Daimler 3,25 Euro pro Aktie aus. Das würde aktuell einer Dividendenrendite von 7,7 Prozent entsprechen. „Wir gehen weltweit von gut 8 Millionen Fahrzeugen Überkapazität aus. Da kann man nicht mit der Kostenschere die Dividenden zu 100% absichern. Es macht Sinn, die Aktionäre von schwierigeren Jahren und niedrigerer Dividende zu überzeugen“, sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer gegenüber DER AKTIONÄR.
In den letzten Tagen hat sich die Daimler-Aktie zumindest wieder etwas nach oben gearbeitet. Von der starken Unterstützungszone zwischen 41,80 Euro und 39,50 Euro hat sich das Papier wieder entfernt. Eine technische Gegenbewegung bis in den Bereich von 44,30 Euro ist durchaus möglich. Wird diese Hürde genommen, hat die Daimler-Aktie Luft bis zur wichtigen 200-Tage-Linie bei 50,06 Euro.
(Mit Material von dpa-AFX).
Hinweis:
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die durch die durch die Publikation etwaig resultierende Kursentwicklung profitieren: Daimler.