Die Corona-Krise zwingt Daimler zu einem noch härteren Sparkurs. Zwar bemühte sich Vorstandschef Ola Källenius bei der Online-Hauptversammlung am Mittwoch um Aufbruchstimmung. Er machte aber klar, dass weitere Einschnitte notwendig seien, um den Autohersteller auf mehr Effizienz und Rendite zu trimmen. Die Aktie notiert am Donnerstag am DAX-Ende.
"Daimler kann mehr"
Die Lage sieht düster aus – auch, aber nicht nur wegen der weltweit drastischen Auswirkungen der Corona-Pandemie. Aktionäre werfen der Konzernführung weiterhin vor, schon vorher wichtige Entwicklungen verschlafen und etliche Weichen falsch gestellt zu haben. "Ich denke, wir sind uns einig: Die jüngsten Ergebnisse auch schon vor Corona – werden diesem stolzen Unternehmen nicht gerecht", räumte Daimler-Vorstand Källenius ein. "Daimler kann mehr. Und wir sind entschlossen zu liefern", versprach er den Aktionären, die den ersten Auftritt des Schweden als Vorstandschef bei einer Hauptversammlung nur aus der Ferne und im Internet verfolgen konnten.
Gewinneinbruch im ersten Quartal
Erst einmal müssen aber weitere Tiefschläge verkraftet werden. Nach einem Gewinneinbruch im ersten Quartal rechnet der Konzern für das zweite Jahresviertel gar mit roten Zahlen beim operativen Ergebnis. Aufs gesamte Jahr gerechnet, dürfte der Gewinn noch unter dem schon schwachen Wert des Vorjahres bleiben.
Automarkt in China auf Erholungskurs
Was den Absatz angeht, zeigte sich Källenius zumindest wieder etwas zuversichtlicher. Zwar stehe für das erste Halbjahr mit knapp 870 000 Autos von Mercedes-Benz ein Minus von knapp einem Fünftel zu Buche. Im zweiten Quartal habe man jedoch bereits wieder etwas Boden gutgemacht. Im Juni allein lagen die Pkw-Auslieferungen an die Endkunden wieder leicht über dem Vorjahresniveau – und im wichtigsten Einzelmarkt China habe Mercedes-Benz beim Absatz das bisher beste zweite Quartal erzielt. "Wir sind vorsichtig optimistisch, dass andere Märkte an diese Entwicklung Schritt für Schritt anknüpfen." Dennoch: Ohne weitere Maßnahmen zur Stärkung der Effizienz – sprich: Sparen komme Daimler nicht aus.
"Daimler ist ein Sanierungsfall"
Viele Aktionärsvertreter halten die Probleme für hausgemacht. "Daimler ist ein Sanierungsfall und gibt ein schwaches Bild ab, wohin man schaut", schimpfte Janne Werning von Union Investment. Analyst George Galliers von Goldman Sachs rechnet mit einem etwas geringeren operativen Verlust (EBIT) als der Markt. Mercedes dürfte besser abschneiden als die Konsensprognose, das Lkw-Geschäft dagegen schlechter. Dennoch bleibt Galliers bei seinem Kursziel von 35 Euro.
Zugegeben: Daimler hat im Vergleich zu VW und BMW das schlechtere Kostenmanagement. Auch ist die Abhängigkeit von der Brummi-Sparte ein Nachteil gegenüber Volkswagen und BMW.
Dennoch: Die Zusammenarbeit mit dem chinesischen Partner und Großaktionär Geely wird langfristig Früchte tragen. Denn: "Die Zukunft ist China. Alle die es schaffen, sich mit chinesischen Partnern stabil aufzustellen, sind die potentiellen Gewinner", sagt Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Institut gegenüber dem AKTIONÄR.
Gute Deals – weitere müssen folgen
Daimler muss sich sputen. Die Kooperationen mit dem Batteriezellen-Hersteller Farasis Energy und dem Spezialisten für künstliche Intelligenz Nvidia sind richtig, reichen aber nicht aus. Daimler muss mit dem Roll-out seiner Elektromodelle schneller werden.
Die Aktie notiert am Donnerstag Ex-Dividende. 0,90 Euro wurden pro Aktie an die Anteilseigner ausgeschüttet. Das Papier ist aktuell eine Halteposition. Ein neues Kaufsignal entsteht, sobald Daimler die wichtige 200-Tage-Linie nimmt, die derzeit bei 40,50 Euro verläuft.
(Mit Material von dpa-AFX).
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