Um die in der Corona-Krise abgestürzte Nachfrage anzukurbeln, fordert die deutsche Autoindustrie staatliche Prämien für den Neuwagen-Kauf. Damit soll auch der Austausch alter Benziner und Dieselwagen gefördert werden.
Volkswagen konkretisierte am Montag seine Vorschläge. "Die Produktion der Automobilindustrie kann nur hochfahren, wenn auch der Absatz der Fahrzeuge gesichert ist", sagte VW -Kernmarkenchef Ralf Brandstätter. Strittig ist jedoch etwa die Frage, ob sich eine mögliche Förderung auf klimafreundliche Antriebe beschränken oder auf alle Arten von Autos erstrecken könnte.
"Wegen der schon lang andauernden Krise der Branche, die ja zum Teil auch durch politische beziehungsweise richterliche Entscheidungen wie Fahrverboten oder Zöllen hervorgerufen wurde, und wegen der sehr großen Bedeutung für die deutsche Volkswirtschaft halte ich staatliche Incentives in diesem Fall für richtig", sagt Auto-Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler gegenüber dem AKTIONÄR.
"Wegen der sehr großen Bedeutung für die deutsche Volkswirtschaft halte ich staatliche Incentives in diesem Fall für richtig."
Auch der Autoverband VDA sprach sich für konjunkturelle Impulse aus. Präsidentin Hildegard Müller sagte, wichtig sei es, dass solche Maßnahmen bald beschlossen und die Vielfalt der Fahrzeugsegmente berücksichtigt würde. "Denn nur mit einer solchen Breitenwirkung ergibt sich ein signifikanter Effekt auf die Kaufentscheidungen der Kunden und damit auf die Produktion und die gesamte Wertschöpfungskette." Dies ermögliche es der Automobilindustrie schneller aus der Krise zu kommen.
Die Auto-Neuzulassungen brachen im März ein. Bundesregierung und Ökonomen rechnen mit einer tiefen Rezession in Deutschland. Der private Konsum als Stütze der Wirtschaft geht zurück. Zigtausende Beschäftigte sind in Kurzarbeit, viele haben Einkommensverluste.
Am 5. Mai sind nach dpa-Informationen Beratungen von Bund und Autobranche zu möglichen Stützungsmaßnahmen geplant. Zuvor hatte das "Handelsblatt" darüber berichtet. Wie die Zeitung unter Berufung auf Industriekreise meldete, würden auch andere Instrumente diskutiert - etwa eine reduzierte Mehrwertsteuer oder bessere Abschreibungsregeln.
Forderungen nach Kaufprämien sind an sich nicht neu, Hersteller und Politiker hatten diese schon allgemein vorgeschlagen. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte gesagt, der Umstieg auf umweltfreundliche Antriebe könne damit wesentlich beschleunigt und die Branche im Strukturwandel zur E-Mobilität unterstützt werden. Niedersachsen ist VW-Anteilseigner, Weil Mitglied im Aufsichtsrat.
Fakt ist: Die Automobil-Industrie ist neben dem Maschinenbau die deutsche Schlüsselbranche, mehr als 800 000 Menschen arbeiten hier.
Bei BMW gibt es ähnliche Überlegungen wie bei Volkswagen. Vorstandschef Oliver Zipse hatte der dpa in München kürzlich gesagt: "Wir sehen in einer Innovationsprämie eine doppelte Chance: Sie kann als Konjunkturmaßnahme die Wirtschaft ankurbeln und gleichzeitig den Umstieg auf klimaschonende Technologien beschleunigen." Dies sei ein umfassender Ansatz: "So kombinieren wir wirtschaftliche Erholung mit wirksamem Klimaschutz, anstatt beides gegeneinander auszuspielen."
Daimler hinkt hinterher
Die Auto-Branche war schon vor Corona in einem schwierigen Umbruch zu alternativen Antrieben, dazu kommt der digitale Wandel. Hersteller müssen strengere Klimavorgaben der EU einhalten, andernfalls drohen Milliardenstrafen. Die E-Mobilität spielt eine wesentliche Rolle auch im Klimaschutzprogramm der Bundesregierung.
Nach vier Wochen Stillstand in großen Teilen der Produktion hat Daimler seine Werke am Montag wieder hochgefahren. Wann Daimler mit der Produktion zurück auf das Vor-Krisen-Niveau kommen könne, sei unklar. "Wir wissen noch gar nicht, wie der Markt reagiert", sagte Daimler-Betriebsrat Michael Brecht. Man fahre derzeit komplett auf Sicht und entscheide von Woche zu Woche, wie es weitergeht.
Die Deutsche Bank hat in der Zwischenzeit das Kursziel für Daimler von 50 auf 35 Euro gesenkt. Die Quartalszahlen von Volkswagen hätten seine Einschätzung bestätigt, dass die Befürchtungen eines hohen Liquiditätsverbrauchs deutscher Autobauer im ersten Quartal ungerechtfertigt seien, schrieb Analyst Tim Rokossa in einer am Montag vorliegenden Studie. Die Hersteller sollten weiterhin profitabel sein und noch über ausreichend flüssige Mittel verfügen. Bei Daimler bestünden aber gewisse Kreditrisiken.
"Daimler hat unter anderem einen sehr hohen Anteil an Nutzfahrzeugen. Außerdem ist Daimler im Vergleich zu VW und BMW stärker von Nordamerika abhängig."
"Daimler hat unter anderem einen sehr hohen Anteil an Nutzfahrzeugen. Außerdem ist Daimler im Vergleich zu VW und BMW stärker von Nordamerika abhängig. Den Auto-Markt in Nordamerika sehe ich in den nächsten Monaten eher skeptisch. Außerdem hat Daimler im Vergleich ein schlechteres Kostenmanagement", sagt Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler.
Im Zuge des Abverkaufs an den Märkten ist der Börsenwert von Daimler auf 30 Milliarden Euro zusammengeschmolzen. Kurse um 27 Euro werden werden sicherlich den ein oder anderen institutionellen Investor anlocken. So könnte Geely durchaus seine Daimler-Position ausbauen.
Spannend wird es für alle Daimler-Aktionäre am 29. April. Dann wird der Automobil-Hersteller zahlen für das erste Quartal vorlegen. Anleger legen sich bei Daimler bei Kursen um 27 Euro auf die Lauer.
"Die Durchschnittspreise pro verkauftem Auto im VW-Konzern steigen durch den immer größeren Anteil an SUVs. Außerdem zeigen die Effizienzprogramme ihre positive Wirkung."
VW hat seine Hausaufgaben gemacht
Volkswagen dagegen hat mit den Quartalszahlen gezeigt, dass sich die Mehrmarkenstrategie auszahlt. Umsatz und Gewinn lagen im ersten Quartal über die Erwartungen. "VW verfügt über eine gute Preispolitik und starke Einzelmarken. Die Durchschnittspreise pro verkauftem Auto im VW-Konzern steigen durch den immer größeren Anteil an SUVs. Außerdem zeigen die Effizienzprogramme ihre positive Wirkung", sagt Pieper.
VW hat sich auf die Zukunft vorbereitet. In den nächsten vier Jahren werden 60 Milliarden Euro in die Bereiche E-Mobilität, Hybridantriebe und Digitalisierung investiert. Das erste Etappenziel von 125 Euro hat die Aktie erreicht. Nächstes Ziel: 135 Euro. Stoppkurs auf 110 Euro nachziehen.
(Mit Material von dpa-AFX).