Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat ihren vor mehr als drei Jahren festgelegten Mindestkurs von 1,20 Franken je Euro überraschend aufgehoben. Die Schweizer Wirtschaft verliert ihren Schutzschirm und die Finanzmärkte spielen verrückt.
Die Finanzmärkte sind komplett auf dem falschen Fuß erwischt worden. In der Schweiz brach der Aktienmarkt ein, der Franken wertete zu Euro und Dollar massiv auf. Analysten fanden drastische Worte, sie sprachen von einem "Schocker", gar von einer "Kapitulation" der Notenbank. Auch die anderen europäischen Aktienmärkte inklusive des deutschen Leitindex DAX gerieten in Turbulenzen, fingen sich letztlich aber wieder.
Die SNB begründete ihren Schritt mit der Abschwächung des Euro gegenüber dem US-Dollar. Gleichzeitig habe der Franken zum Dollar abgewertet. Deswegen sei man zu dem Schluss gekommen, dass die Durchsetzung und Aufrechterhaltung des Euro-Franken-Mindestkurses "nicht mehr gerechtfertigt sei", schreibt die SNB.
"Durch die Entscheidung gefährdet die Notenbank jedoch ihre Glaubwürdigkeit, da sie sich immer zu dem Mindestkurs bekannt hatte", erklärt Ulrich Wortberg, Devisenexperte bei der Landesbank Hessen-Thüringen. Das Versprechen der SNB war stark: Stets versicherte sie, den Mindestkurs unter allen Umständen zu verteidigen und dazu unbegrenzt Euro anzukaufen. In der Zukunft würden die Märkte der SNB einen neuen Mindestkurs nicht abnehmen, so Wortberg.
Angst vor weiterer Kursschwäche
Die Schweizer Notenbank hatte über Monate versucht, mit Eurokäufen den Franken zu schwächen. Sie verkaufte also massiv Franken und kaufte gleichzeitig Euro. Trotzdem wurde der Euro zunehmend schwächer, wodurch die Strategie immer aufwendiger und kostspieliger für die SNB wurde.
Offenbar machen sich die Notenbanken nun wegen der hohen Eurobestände in ihrer Bilanz Sorgen. Aus gutem Grund: Der Euro wird aller Voraussicht nach noch schwächer gegenüber dem Franken, weil EZB-Chef Mario Draghi wohl noch im Januar damit beginnen wird, massiv Staatsanleihen zu kaufen. Außerdem will Draghi die Märkte weiterhin mit billigem Geld versorgen.
Euro knickt ein
Nach der Kehrtwende geriet der Euro sofort stark unter Druck und sank unter die Parität zum Franken. Zeitweise fiel er auf das Rekordtief von 0,8517 Franken. Zuletzt erholte sich der Euro etwas und wurde mit 1,0430 Franken gehandelt. Laut Wortberg könnte der Euro sich bei Parität einpendeln.
Auch der Aktienmarkt ging in die Knie. Der Schweizer Index SMI verliert aktuell zehn Prozent. Vor allem exportstarke Unternehmen wie Richemont oder Swatch brechen ein. "Die Auflösung der Wechselkursbindung wirkt wie die Sprengung eines Staudamms", sagte ein Börsianer. Die künstlich angestaute Franken-Schwäche entlade sich nun schlagartig in einer Aufwertung der Schweizer Währung.
Der Chef des Bieler Uhrenherstellers Swatch, Nick Hayek, ist erstaunt, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Euro-Mindestkurs von 1,20 Franken aufhebt. Hayek befürchtet einen "Tsunami" für die ganze Schweiz. "Es fehlen mir die Worte" sagte Swatch-Patron Hayek der Nachrichtenagentur sda.
Jordan sei nicht nur der Name des Nationalbankpräsidenten, sondern auch der eines Flusses. Das was die SNB da ausgelöst habe, sei ein Tsunami. Nicht nur für die Exportindustrie und den Tourismus, sondern für die ganze Schweiz, sagte Hayek weiter.
Erst im Minus, jetzt im Plus
Unterdessen fährt der DAX Achterbahn. Nach der SNB-Entscheidung knickt der deutsche Leitindex ein und lag zwischenzeitlich 1,8 Prozent im Minus, bevor eine Beruhigung einsetzte. Derzeit liegt der DAX im Plus.