Morgen wird der Chemieproduzent Covestro die Zahlen für das vierte Quartal des abgelaufenen Jahres veröffentlichen. Zudem erhofft man sich am Markt natürlich auch konkrete Aussagen zu den seit Monaten ergebnislos laufenden Verhandlungen zwischen der Konzernführung und Abu Dhabi National Oil (Adnoc) über eine mögliche Übernahme.
Analysten gehen indes davon aus, dass Covestro 2023 einen Umsatzrückgang um rund ein Fünftel auf 14,4 Milliarden Euro verbucht haben dürfte. Das operative Ergebnis (EBITDA) sank den Prognosen zufolge um mehr als ein Drittel auf 1,05 Milliarden Euro. Der freie operative Finanzmittelzufluss dürfte um gut ein Fünftel auf 108 Millionen Euro gefallen sein. Angesichts eines erwarteten Nettoverlustes wird Covestro wohl keine Dividende zahlen.
Für das laufende Jahr haben die Experten im Mittel einen Umsatz von 14,8 Milliarden Euro und einen operativen Gewinn von 1,37 Milliarden Euro auf dem Zettel. Der freie operative Mittelzufluss dürfte sich auf 349 Millionen Euro verbessern.
Covestro dürfte im Schlussquartal eine weiter schwache Nachfrage in den wichtigen Endmärkten Bau, Möbel und Elektronik gepaart mit niedrigeren Verkaufspreisen gespürt haben, schrieb Analyst Geoff Haire von der Schweizer Bank UBS im Januar in einem Ausblick auf die Zahlen. Für 2024 sei er auch etwas weniger zuversichtlich in puncto Absatzerholung als der Analystenkonsens.
Alex Stewart, Analyst bei der britischen Barclays-Bank, sieht mittlerweile Anzeichen einer - wenn auch schwachen - Erholung der Branche. Nach fünf Quartalen des Lagerbestandsabbaus müssten die Vorräte der Kunden der Chemieindustrie so zur Neige gehen. Gleichwohl habe es in der vergangenen Dekade keinen Aufwärtszyklus im Chemiesektor gegeben, dem nicht umfangreiche chinesische Konjunkturmaßnahmen vorausgegangen seien.
Analyst Chris Counihan vom Investmenthaus Jefferies betont zudem die Bedeutung der Übernahmegespräche mit Adnoc für die Investmentstory und damit für den Aktienkurs von Covestro. Ein Kauf von Covestro durch den Ölkonzern aus den Vereinigten Arabischen Emiraten wäre strategisch betrachtet nachvollziehbar sein, da Adnoc weltweit umfassend ins Geschäft rund um Erdgas, Chemie und Erneuerbare Energien investieren wolle. Angesichts der starken Marktstellung von Covestro könnte Adnoc das Kerngeschäft in der Ölverarbeitung durch eine Übernahme durchaus sinnvoll ergänzen.
Mutige können nach wie vor darauf setzen, dass der arabische Ölriese tatsächlich 60 Euro auf den Tisch legen wird und somit auf einen knapp 20-prozentigen Kursanstieg spekulieren. Wer die Covestro-Anteile ohnehin bereits im Portfolio hat, bleibt indes weiterhin mit einem Stopp bei 44,00 Euro dabei.
Mit Material von dpa-AFX