Im vergangenen Jahr litten die Aktienkurse der Chemieriesen Evonik, BASF und Covestro vor allem unter den Ängsten vor einer Gasmangellage. Im laufenden Jahr belasten in erster Linie Sorgen, wonach es zu einer harten Rezession kommen könnte. Doch die aktuellen Prognosen für Deutschland klingen relativ ermutigend.
So haben sich die Aussichten für die deutsche Wirtschaft nach einer Prognose des IfW leicht aufgehellt. Die Forscher erwarten in diesem Jahr ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,5 Prozent, wie aus der am Mittwoch veröffentlichten Frühjahrsprognose des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel) hervorgeht. Das wären 0,2 Prozentpunkte mehr als in der Winterprognose angenommen. Für 2024 erwartetet das IfW Kiel jetzt ein Wachstum von 1,4 Prozent (plus 0,1 Prozentpunkte).
Nach einem Rückgang des BIP im 4. Quartal 2022 zeichne sich für den Jahresauftakt 2023 ein moderater Anstieg um gut 0,2 Prozent ab. Eine sogenannte technische Rezession - also ein Rückgang der Wirtschaftsleistung zwei Quartale in Folge - wäre damit abgewendet.
"Die zuletzt deutlich rückläufigen Gaspreise stimulieren die Konjunktur hierzulande zunächst nur wenig", teilte der Vizepräsident und Konjunkturchef des IfW Kiel, Stefan Kooths, mit. Entlastet werde vor allem der Staatshaushalt, der nun weniger Geld für die Energiepreisbremsen einsetzen müsse. "Im Ergebnis ersetzen nun niedrigere Importpreise den Impuls staatlicher Energiesubventionen, was konjunkturell ähnlich wirkt."
Hoffnung aus China
Indes zeigen auch erste Wirtschaftszahlen nach der Abkehr Chinas von seiner strikten Corona-Politik eine moderate Erholung der Konjunktur. Industrieproduktion und Einzelhandel zogen zu Jahresbeginn an, ebenso die Anlageinvestitionen. Die Arbeitslosenquote stieg jedoch leicht an. "Wir sind vorsichtig optimistisch, dass sich die chinesische Wirtschaft in diesem Jahr erholen wird", kommentierte Experte Tommy Wu von der Commerzbank.
Die Industrie steigerte ihre Produktion im Januar und Februar um 2,4 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, wie aus Regierungsdaten vom Mittwoch hervorgeht. Im Dezember war sie um 1,3 Prozent gestiegen. Die Umsätze des Einzelhandels erhöhten sich in den ersten beiden Monaten des Jahres um 3,5 Prozent, nachdem sie im Dezember um 1,8 Prozent gefallen waren.
Die Anlageinvestitionen kletterten in den ersten beiden Monaten des Jahres um 5,5 Prozent, nach davor 5,1 Prozent. Bis auf die Industrieproduktion wurden die Erwartungen von Analysten übertroffen. In China werden Konjunkturdaten für Januar und Februar häufig zusammengefasst, um Verzerrungen durch das chinesische Neujahrsfest zu glätten.
Die chinesische Wirtschaft hat im vergangenen Jahr stark unter den strikten Corona-Vorgaben der Regierung gelitten. Nachdem die Regeln stark gelockert wurden, zeichnet sich jetzt Besserung ab. Als Belastungsfaktor gilt jedoch der schwache Immobilienmarkt. Zudem dürfte der Gegenwind durch die maue Weltkonjunktur und die Spannungen zwischen den USA und China stark bleiben, erwartet Experte Wu.
Der aufkeimende Konjunktur-Optimismus spiegelt sich in den Kursen der Chemie-Titel aktuell aber leider nicht wider. Es braucht daher weiterhin eine gehörige Portion Mut, um in diesem Sektor einzusteigen. Wer bereits investiert ist, sollte nach wie vor die Stoppkurse bei 15,00 Euro (Evonik), 42,00 Euro (BASF) beziehungsweise 31,50 Euro (Covestro) beachten.
Hinweis auf Interessenkonflikte: Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: BASF.
Mit Material von dpa-AFX