Es war die große Frage im Jahr 2022: Reichen die Gasreserven in Deutschland aus, um im Falle anhaltend kalter Temperaturen durch den Winter zu kommen und gleichzeitig Großverbraucher wie etwa Chemieproduzenten mit genug Energie zu versorgen. Letztlich gab es keine Gas-Engpässe, allerdings belasteten die hohen Preise Covestro, Alzchem oder auch Lanxess.
In diesem Jahr könnte es deutlich entspannter laufen. Denn die Erdgasspeicher in Deutschland haben am Wochenende die 100-Prozent-Marke erreicht, wie am Sonntagabend aus im Internet veröffentlichten, vorläufigen Daten des europäischen Gasspeicherverbands GIE hervorging. Die Menge des in den Speichern gelagerten Erdgases entspricht bei 100 Prozent Füllstand nach früheren Angaben der Bundesregierung etwa dem Verbrauch von zwei bis drei durchschnittlich kalten Wintermonaten.
Der Speicherverband GIE gab die gespeicherte Erdgas-Menge mit 254,92 Terawattstunden an. Zum Vergleich: Im Januar und Februar 2023 wurden laut Bundesnetzagentur in Deutschland insgesamt lediglich 196 Terawattstunden Erdgas verbraucht. Zur weiteren Einordnung: Im gesamten Jahr 2022 wurden in Deutschland laut Bundesnetzagentur insgesamt 847 Terawattstunden Erdgas verbraucht. Eine Terawattstunde sind eine Milliarde Kilowattstunden.
Klaus Müller, der Chef der Bundesnetzagentur, zeigte sich angesichts dieser Entwicklung erfreut: "Es ist eine gute Nachricht, dass die Speicher nun zu 100 Prozent gefüllt sind. Wir sind viel besser vorbereitet auf den Winter als wir es im letzten Jahr waren", erklärte Müller gegenüber der Deutschen Presse-Agentur dpa. Für eine vollständige Entwarnung sei es aber zu früh. "Wir bitten die Menschen, sich weiter genau zu überlegen, welcher Verbrauch sich einsparen lässt." Wer Gas sparsam verbrauche, könne auch im kommenden Winter viel Geld sparen. "Ein Durchschnittshaushalt hat durch achtsamen Gasverbrauch im letzten Jahr rund 440 Euro gespart."
Die hohen Füllstände sind für die Chemieproduzenten natürlich eine gute Nachricht. Noch wichtiger wäre aber vor allem für sehr konjunkturabhängige Firmen wie etwa Lanxess eine anziehende Weltwirtschaft. Da sich eine Belebung derzeit aber noch nicht abzeichnet, bleibt das Umfeld für den MDAX-Titel schwierig, ein Kauf drängt sich hier trotz der sehr günstigen Bewertung vorerst noch nicht auf. Bei Covestro sorgen die Übernahmeverhandlungen weiterhin für Fantasie (mehr dazu lesen Sie hier). Und bei Alzchem läuft es dank einer starken Stellung in weitgehend konjunktur-unabhängigen Bereichen nach wie vor rund. Die Nebenwerte-Perle bleibt ein Kauf. Hier sollte der Stoppkurs nun auf 16,50 Euro nachgezogen werden.
Mit Material von dpa-AFX