Chinas wertvollste Internet-Konzerne kommen aus den (negativen) Schlagzeilen nicht raus: Nach dem Machtkampf mit Peking drohen Alibaba und Tencent nun ein de facto-Verbot an der Wall Street. Viele Anleger reagieren verunsichert, die Aktien beider Unternehmen verlieren deutlich.
Alibaba büßte am Mittwoch in New York 5,4 Prozent auf 227 Dollar ein. Es ist der niedrigste Stand seit Dezember, als der Machtkampf zwischen Chinas größtem E-Commerce-Konzern, beziehungsweise dessen Gründer Jack Ma, und der Kommunistischen Führung, eskalierte.
Auslöser für die aktuelle Verkaufswelle ist ein Bericht des Wall Street Journal, wonach US-Behörden amerikanischen Anlegern den Kauf von Aktien beider Unternehmen verbieten wollen.
Die Initiative geht dabei offenbar vom Pentagon aus, das sowohl Alibaba, als auch Tencent gerne auf eine "schwarze Liste" setzen würde. In den letzten Wochen haben Beamte des Außen- und des Verteidigungsministeriums Gespräche über die Erweiterung einer Liste von Unternehmen geführt, die wegen angeblicher Verbindungen zu Chinas Militär und Sicherheitsdiensten für US-Investitionen verboten sind.
Grund für den Vorstoß sei die Sorge, dass sensible Daten von US-Kunden der Unternehmen (AliPay und WePay) von der (chinesischen) Regierung zu Spionagezwecken missbraucht werden könnten.
Anders als das US-Verteidigungsministerium, wägt das Finanzministerium einen solchen Schritt aus Angst vor den möglichen Folgen offenbar noch ab. Tausende US-Anleger besitzen Anteile beider Unternehmen direkt, zudem sind viele institutionelle Investoren Aktionäre bei Alibaba und Tencent.
Dass an den US-Börsen gelistete Firmen unter zunehmenden Druck geraten, ist indes nicht neu. Noch US-Präsident Donald Trump hat in den letzen vier Jahren einen zunehmend harten außenpolitischen Kurs gegenüber China gefahren und die Beziehungen mit Strafzöllen und einer Vielzahl an über Twitter ausgestoßenen Drohungen in Nähe des Gefrierpunktes gesenkt.
Um fair zu bleiben: China hat es Washington mit gleicher Münze heimgezahlt, ebenfalls Strafzölle verhängt und auch rhetorisch ordentlich ausgeteilt.
Die Anleger sind wenig überraschend angesichts des Newsflows verunsichert. Allerdings gibt es einige Dinge zu beachten: Der amtierende Präsident Trump hat ein entsprechendes Dekret zwar abgezeichnet, in Kraft tritt es jedoch erst in 45 Tagen (ab Dienstag) und damit nach der Vereidigung seines Nachfolgers Joe Biden.
Auch wenn es Anzeichen dafür gibt, dass Biden den außenpolitischen Kurs seines Amtsvorgängers teilweise fortführen wird und es beispielsweise keine sofortigen Änderungen/Streichungen bei den Strafzöllen gibt, ist es doch unwahrscheinlich, dass das Weiße Haus zukünftig ähnlich aggressiv gegen den wichtigen Handelspartner vorgeht.
Und noch ein Umstand sollten Anleger beachten: Der Artikel des WSJ beinhaltet prinzipiell wenig Neues. Weder hat sich eine US-Behörde zu dem Inhalt geäußert, noch offizielle Stellen der Chinesen. Im Wesentlichen beleuchtet der Beitrag die schon länger bekannten Entwicklungen.
Die Aktienkurse von Alibaba und Tencent haben zuletzt unter den innen- wie außenpolitischen Streitereien gelitten. Dass sich die Wogen schnell glätten, ist momentan eher unwahrscheinlich. Risikoaverse Anleger sollten daher besser auf westliche Unternehmen ausweichen. Wachstumsorientierte Anleger, die sich des Risikos der höheren Volatilität bewusst sind, können die Kursschwäche beider Unternehmen hingegen zum Auf- und Ausbau von Positionen nutzen.