Die Finanzdienstleister PEH Wertpapier hat seine Tochter Capsensixx im Prime Standard listen lassen. Der Börsenstart verlief nicht ganz optimal: Die Aktien wurden am unteren Ende der Bookbuilding-Spanne platziert und seitdem unter dem Ausgabepreis gehandelt. Lohnt jetzt der Einstieg?
Das Mädchen für alles
Capsensixx hat sich "Financial Administration as a Service" auf die Fahnen geschrieben. Auf Deutsch: Die Spezialisten des Softwareunternehmens übernehmen administrative Aufgaben, Risikomanagement, Controlling, Berichterstattung sowie andere regulatorische Aufgaben, während sich der Kunde auf seine Kernaufgaben fokussieren kann.
Die größte und bekannteste Tochter, Axxion, bietet eine vollständig integrierte Infrastruktur für den gesamten Produktlebenszyklus von Investmentfonds. Sie stellt die Kapitalverwaltungsgesellschaft als formales Vehikel, kümmert sich um rechtliche und regulatorische Fragen und erledigt die gesamten Abrechnungen. Für diese Dienstleistungen erhält die Firma von den Fonds eine laufende Gebühr, die sich am verwalteten Fondsvolumen bemisst. Das ist – insbesondere weil man 2017 die Shareholder Value Management AG um Value-Investor Frank Fischer als Kunden gewinnen konnte – auf über neun Milliarden Euro angewachsen. Dementsprechend erhöhten sich im abgelaufenen Geschäftsjahr die Bruttoumsätze von 65,5 auf 116,2 Millionen Euro, wobei ein Großteil davon Performance-Fees sind, die an die Fondsmanager direkt weitergeleitet werden. Der Nettogewinn stieg um ein Viertel von 2,0 auf 2,5 Millionen Euro.
Die Tochter Oaklet ist Verbriefungsspezialist für alternative Assets (zum Beispiel Windkraftanlagen) und arrangiert und koordiniert alle Vertragsparteien und Dienstleister während der Emission, der Investitionsphase und der Rücknahmephase. Darüber hinaus bietet das Unternehmen seinen Kunden Direktoren- und Verwaltungsdienste.
Revolution in der Belegverarbeitung
Axxion und Oaklet wachsen im niedrigen zweistelligen Prozentbereich und liefern solide Ergebnisse. Das ist quasi das Brot-und-Butter-Geschäft. Kursfantasie verleiht hingegen das Start-up Coraixx, an dem der Börsenkandidat zu zwei Dritteln beteiligt ist und in das die Erlöse aus dem Börsengang (fünf Millionen Euro) investiert werden sollen. Coraixx hat die Rechte an einer vom Fraunhofer Institut und dem Datenspezialisten Inquence entwickelten Softwarelösung, die auf Basis künstlicher Intelligenz Papierbelege digitalisiert.
Im Gespräch mit dem AKTIONÄR schwärmt Capsensixx-Chef Sven Ulbrich von den Stärken der Software, die seinen Informationen nach konkurrenzlos ist. Durch die Technologie sind nicht nur eine Erfassung der Daten, sondern gleichzeitig eine Validierung der Informationen, die aus einem Papierbeleg herausgelesen werden, und damit eine Blindverbuchung möglich. Das heißt, der Kunde muss diesen Beleg nicht mehr in die Hand nehmen und spart somit Zeit und Kosten. Letztere liegen je nach Beleg zwischen fünf und 23 Euro, so der Firmenchef. Der Kunde, insbesondere Großunternehmen, könnten mindestens die Hälfte davon einsparen.
Laut Ulbrich habe das Thema Belegverarbeitung "gigantisches Potenzial". Allein in Deutschland werden jährlich 32 Milliarden Belege (Rechnungen, Lieferscheine) verarbeitet und dabei Kosten von circa 450 Milliarden Euro verursacht. Belegverarbeitung ist aber ein weltweites Thema und deshalb eine Expansion nach Europa oder in die USA denkbar, so Ulbrich.
Zunächst einmal sollen in diesem Jahr noch ein paar weitere Kunden in Deutschland hinzukommen, wobei Ulbrich auf seine Verbindungen zu den großen Beratungsfirmen und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften wie Ernst & Young setzt. Der Touristikkonzern TUI, der im Jahr etwa zwei Millionen Belege zu verarbeiten hat, ist bereits Kunde und dient als Referenz für weitere Abschlüsse. In ein paar Monaten soll geprüft werden, ob die Wachstumsstrategie mit einem strategischen oder einem weiteren Finanzpartner fortgeführt wird.
PEH macht Kasse
Beim Börsengang hat Capsensixx 5,28 Millionen Euro butto über eine Kapitalerhöhung eingesammelt, die in den kommenden drei Jahren in die Coraixx investiert werden sollen. Die Mutter PEH gab 527.500 Aktien ab, um auf einen Streubesitz von 25 Prozent zukommen, der Mindestvoraussetzung für die angestrebte Aufnahme in den Prime Standard. Positiv: PEH unterwirft sich einer Lock-up-Vereinbarung von 24 Monaten.
Mit 52,5 Millionen Euro wird der Börsenneuling jetzt bewertet – ein KGV von 21 auf Basis der 2017er-Gewinne. Nachdem Axxion erst im vierten Quartal 2017 der Coup mit Frank Fischer gelungen war, dürfte 2018 ein Nettoergebnis zwischen 3,0 und 3,5 Millionen Euro herausspringen und das KGV auf 15 bis 18 sinken. Nach den Worten von Ulbrich ist aber die Coraixx in den Planungen noch gar nicht enthalten.
Kein Muss, ein Kann
Ohne Coraixx wäre die Capsensixx eine Börsenstory ohne großen Sex-Appeal. Sollte sich aber deren Software am Markt durchsetzen, könnte der Neuling ein ganz großes Rad drehen. Wie in Ausgabe 25/2018 erwartet, gab es keine Zeichnungsgewinne. Auch ein Einstieg unterhalb des Ausgabepreises von 16 Euro erscheint nocht zu früh. Bei 14,50 Euro können Anleger eine kleine Spekulation wagen.