Über BMW ziehen immer dunklere Wolken auf. Die Schwierigkeiten auf den Automärkten und hohe Kosten für Technik halten den Münchner Autobauer auch in diesem Jahr fest im Griff. Die Folge: Weniger Gewinn, neues Effizienzprogramm und im Ergebnis erneut das Verfehlen eines Kernziels. Marktteilnehmer quittieren die Aussicht mit Verkäufen.
Wie im Vorjahr rechnet BMW weiter mit einem Gewinnrückgang. Nun will der DAX-Konzern sein Effizienzprogramm deutlich ausweiten und in den kommenden vier Jahren zusammengenommen 12 Milliarden Euro einsparen. Dennoch reicht es dieses Jahr voraussichtlich erneut nicht dazu, die Zielrendite im Kerngeschäft von mindestens 8 Prozent zu erreichen. Die Aktie sackte deutlich ab.
Die Marge vor Zinsen und Steuern im Autobau erwartet BMW 2019 zwischen 6 und 8 Prozent, wie BMW am Mittwoch in München mitteilte. "Die hohe Volatilität erschwert eine klare Prognose", sagte Finanzchef Nicolas Peter. Damit könnte die vielbeachtete Marke für die Profitabilität im Kerngeschäft von den schwachen 7,2 Prozent im Vorjahr noch einmal deutlich sinken. Derzeit kämpfen die Autobauer mit einem schwachen Umfeld in Europa sowie den Auswirkungen des Zollstreits zwischen den USA und China. Hinzu kommen hohe Kosten für neue Modelle, Elektroantriebe und das autonome Fahren.
Steigende Herstellkosten wegen schärferer Abgasregeln würden das Ergebnis in diesem Jahr dämpfen, hieß es. Zudem würden Wechselkurse und steigende Rohmaterialpreise vermutlich mit bis zu einem höheren dreistelligen Millionenbetrag belasten. Zudem hält der Autobauer, der die Kleinwagenmarke Mini vorwiegend in Großbritannien baut, einen niedrigeren bis mittleren dreistelligen Millionenbetrag für den Brexit vor, wie Finanzchef Peter sagte.
Die BMW-Stammaktie rutscht am Mittwochnachmittag um über fünf Prozent ab. Auch beim Konzernergebnis vor Steuern enttäuschte BMW die Anleger. In diesem Jahr werde es "deutlich" und damit um mehr als zehn Prozent zurückgehen, hieß es. Damit dürfte es weniger als 8,9 Milliarden Euro betragen – von Bloomberg befragte Analysten hatten im Schnitt zuvor mit knapp 9,3 Milliarden gerechnet. Einige Bewertungseffekte im Finanzergebnis aus dem Vorjahr dürften dieses Jahr ausbleiben, darunter etwa die Neubewertung der Anteile am Carsharing-Anbieter Drivenow infolge der Komplettübernahme, bevor das Unternehmen in ein Joint Venture mit Daimler eingebracht wurde.
Analyst Patrick Hummel von der UBS schrieb, auch das bereits bekannte Ergebnis vor Zinsen und Steuern im vierten Quartal sei von "niedriger Qualität", weil BMW viele Entwicklungsleistungen in der Bilanz aktiviert habe, womit die anfallenden Kosten dann weniger den Gewinn schmälern. Die Aktivierungsquote lag 2018 mit 43,3 Prozent deutlich höher als im Vorjahr mit 39,7 Prozent. Finanzchef Peter begründete das mit zahlreichen neuen Modellanläufen.
Laut Peter stiegen die Forschungs- und Entwicklungsleistungen 2018 von 6,2 Prozent auf 7,1 Prozent des Umsatzes, fast 6,9 Milliarden Euro gab BMW dafür aus. In diesem Jahr soll der Anteil wieder sinken, aber noch immer über 6 Prozent liegen.
Auch der Erzrivale Daimler peilt bei der Autosparte Mercedes-Benz einen Korridor von 6 bis 8 Prozent Marge an und hatte damit die Anleger enttäuscht. Die Margen der beiden Konzerne sind aber nicht direkt vergleichbar, da Mercedes-Benz die Gewinne aus dem weiter gut laufenden und margenstärkeren Geschäft in China in die Autosparte einbezieht, BMW die anteiligen Gewinne des chinesischen Gemeinschaftsunternehmens aber erst im Finanzergebnis ausweist.
"Wir haben mit Blick auf die zahlreichen Zusatzbelastungen frühzeitig begonnen gegenzusteuern und bereits tiefgreifende Entscheidungen getroffen", sagte Finanzchef Nicolas Peter. Die Mitarbeiterzahl soll in diesem Jahr von knapp 135.000 nicht weiter steigen, ab 2021 sollen bis zu 50 Prozent der heutigen Antriebsvarianten entfallen. Die Entwicklungszeit für neue Fahrzeugmodelle soll um bis zu einem Drittel verkürzt werden.
Im sich abzeichnenden Streit unter deutschen Herstellern rund um die Förderung von alternativen Antrieben machte BMW-Chef Harald Krüger klar, dass er nichts von der Forderung des VW-Chefs Herbert Diess nach einem Fokus auf reine Elektroantriebe hält. Verschiedene Regionen in der Welt dürften unterschiedliche Regelungen erlassen, sagte Krüger. Wer da nur auf eine einzige Technik setze, laufe Gefahr, in bestimmten Regionen gar keine Autos verkaufen zu dürfen. Hintergrund ist, dass BMW keine eigene reine Elektroplattform hat, sondern vor allem auf flexible Plattformen zum Bau von Verbrennern, Hybriden und Elektroautos gleichzeitig setzt.
Volkswagen hingegen forciert das Angebot vor allem bei reinen Elektroautos mit seiner eigenen Elektroplattform MEB. Am Abend werde man sich im Kreis der Konzernchefs und mit VDA-Präsident Bernhard Mattes besprechen, sagte Krüger. Aufgabe des Branchenverbands VDA sei es auch, einen Kompromiss zu finden. Diess hatte eine stärkere Förderung reiner Elektroautos gefordert und will anderen alternativen Antrieben wie der Brennstoffzelle eine Absage erteilen.
Im vergangenen Jahr war der Umsatz von BMW wie bereits bekannt um 0,8 Prozent auf 97,5 Milliarden Euro gesunken. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern rutschte um knapp 8 Prozent auf 9,1 Milliarden Euro ab. Der Nettogewinn fiel um ein Sechstel auf 7,2 Milliarden Euro, auch weil 2017 ein Sonderertrag aus der US-Steuerreform den Überschuss aufgebläht hatte. Die Dividende wollen die Münchener von 4 auf 3,50 Euro je Stammaktie kürzen – und damit als nur eines von zwei DAX-Unternehmen weniger an ihre Aktionäre ausschütten als im Vorjahr. Fast schon bezeichnend ist, dass der zweite Dividendenkürzer ebenfalls aus dem Sektor kommt: Daimler.
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Ein Beitrag von Leon Müller, Chief Editor Börsen.Briefing. – dem täglichen Newsletter des Anlegermagazins DER AKTIONÄR (registrieren Sie sich kostenfrei unter www.boersenbriefing.de)
Mit Material von dpa-AFX
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