Krebsmedikamente gelten als wichtiger Wachstumstreiber in der Pharmabranche. Die Unternehmen wetteifern um die Entwicklung neuer Präparate. Mit Spannung wurden die Ergebnisse der mit 13,3 Prozent größten Beteiligung im Portfolio von BB Biotech, Incyte, erwartet. Bereits im Vorfeld wurden Eckdaten einer Kombi-Studie mit der Eigenentwicklung Epacadostat mit Mercks Keytruda zur Behandlung von nicht-kleinzelligem Lungenkrebs veröffentlicht. Die auf dem ASCO-Meeting, die wichtigste Krebskonferenz, berichteten Ergebnisse bestätigten die guten Eckdaten. Allerdings rutschte die Aktie von Incyte dennoch ab. Grund dafür war eine Analysteneinschätzung, die kritisiert hat, dass nicht alle Patienten in die Daten eingeschlossen wurden. DER AKTIONÄR ist aber der Ansicht, dass dies absolut überbewertet wurde – die besagten Patienten befinden sich nach wie in der Testphase – und der Kursrückgang somit noch einmal eine gute Einstiegsgelegenheit darstellt.
Gewaltiges Pipeline-Potenzial
Welche Bedeutung Epacadostat für Incyte hat, macht Folgendes deutlich: Keytruda allein soll 2018 satte 6,15 Milliarden Dollar in die Kasse von Merck & Co spülen. Sollte die Kombi-Therapie auch die finale Phase 3 bestehen, hat diese langfristig aufgrund der hervorragenden Ansprechraten sogar noch viel höheres Potenzial. Und Incyte würde dies sofort in eine sehr attraktive Position katapultieren. Epacadostat käme dann auch als Kombi-Mittel bei vielen anderen Behandlungen infrage.
Schon im kommenden Jahr dürfte Epacadostat auch erste Umsätze abwerfen. Bis 2020 dürften mehr als 300 Millionen Dollar und damit rund zwölf Prozent der Gesamteinnahmen möglich sein. Derzeit durchläuft Epacadostat allein fünf verschiedene Phase-3-Studien in Kombination mit Keytruda mit dem Kooperationspartner Merck. Die Produktpipeline von Incyte ist aber schier unendlich. In den kommenden Jahren könnten hier weitere Top-Produkte entstehen.
Umsatzgenerator Jakafi
Der absolute Durchbruch in die Top-Riege der Biotech-Branche ist Incyte bereits Ende 2011 gelungen. Damals hat das Unternehmen für das Medikament Jakafi die US-Zulassung für Patienten mit Myelofibrose erhalten, einer lebensgefährlichen Erkrankung des Knochenmarks, die zu Leukämie-ähnlichen Symptomen führt. Ende 2014 bekam das Mittel zudem die US-Genehmigung für die Behandlung von Polycythaemia vera, einer bösartigen Erkrankung des Knochenmarks. Jakafi erzielt immer höhere Umsätze und ist mittlerweile ein absoluter Kassenschlager. Im vergangenen Jahr erzielte Jakafi einen Umsatz von 853 Millionen Dollar und damit 42 Prozent mehr als noch im Vorjahr. Bereits in diesem Jahr dürfte das Medikament die Hürde zum Blockbuster überspringen, bis 2020 ist eine Verdopplung der Umsätze auf rund 1,64 Milliarden Dollar zu erwarten. Langfristig rechnet Incyte mit Einnahmen durch Jakafi jenseits der 2-Milliarden-Dollar-Marke.
Vor einer Übernahmeschlacht?
In besonderem Maße könnte die Aktie von Incyte aber Übernahmeinteresse nach oben treiben. Hier kommt der einstige Superstar der Biotech-Branche, Gilead, ins Spiel. Gileads Hauptgeschäft, der Hepatitis-C-Bereich, hat seinen Höhepunkt bereits vor zwei Jahren erreicht. Neue Produktlancierungen sind noch in weiter Ferne. Gilead muss also handeln, wenn man wieder in die Erfolgsspur zurückkehren möchte. Sehr hohe Cashreserven von rund 34 Milliarden Dollar geben dem Unternehmen dazu enormen Handlungsspielraum.
Und Incyte würde hervorragend zu Gilead passen, da man nicht nur ein einzelnes Produkt, sondern eine komplette Top-Pipeline einkaufen könnte. Incyte ist derzeit mit knapp 22,6 Milliarden Dollar bewertet. Angesichts der starken Positionierung dürfte Incyte aber wohl keinesfalls für weniger als 30 Milliarden über den Tisch gehen. Das starke Gesamtpaket bei Incyte könnte aber auch noch weitere Interessenten, eventuell auch aus der Pharmabranche, anlocken und den Preis für Incyte nach oben treiben. Aber auch wenn Incyte eigenständig bleiben sollte, wird die Aktie klar weiter nach oben durchstarten. Der Wert eignet sich somit sowohl für den kurzfristigen Übernahmespekulanten als auch den langfristigen Investor.