+++ Auf diese Aktien setzt die Redaktion für 2025 +++

Bayer: Der Sargnagel für Glyphosat

Bayer: Der Sargnagel für Glyphosat
Foto: Börsenmedien AG
Bayer -%
André Fischer 08.04.2019 André Fischer

Die Bayer-Aktie konnte sich zuletzt wieder stabilisieren und die 60-Euro-Marke zurückerobern. Ein Ende beim Dauerthema Glyphosat hingegen ist nicht absehbar – ganz im Gegenteil. So warnen einige Experten vor toxischen Risiken durch Glyphosat und stellen die wissenschaftliche Grundlage der Zulassung infrage. Das EU-Parlament ordnete eine neue, systematische Überprüfung aller verfügbaren Arbeiten über die krebsauslösenden Eigenschaften des Herbizids an.

„Reales Risiko, dass Glyphosat Krebs verursacht“

Der renommierte deutsche Epidemiologe Professor Eberhard Greiser warnte jetzt erneut vor dem Gebrauch von Glyphosat. „Ich halte es für ein sehr reales Risiko, dass Glyphosat Krebs verursacht“, so die Aussage des ehemaligen Direktors des Bremer Instituts für Präventionsforschung und Sozialmedizin.

Der emeritierte Medizin-Professor hatte bereits 2015 den Landwirtschaftsausschuss des Bundestags als Sachverständiger beraten, als es um die Wiederzulassung des Wirkstoffs ging. Greiser analysierte 92 Studien, die das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) herangezogen hatte, um zu bewerten, wie gefährlich Glyphosat für die Gesundheit ist. Das Urteil von Greiser fiel vernichtend aus, da das BfR seiner Aussage zufolge einen Großteil seiner Bewertung einfach von Monsanto übernommen habe.

Fälschungen akzeptiert?

„Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat Fälschungen der ´Glyphosate Task Force´ unter Führung von Monsanto akzeptiert und an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit weitergeleitet. Diese Entscheidung und die darauf erfolgten Entscheidungen der weiteren europäischen Behörden bedeuten eine erhebliche Gefährdung der Bevölkerung“, schrieb Greiser in einer zusammenfassenden Bewertung.

Wortwörtlich bei der Industrie abgeschrieben?

Ein Vorwurf, den inzwischen auch andere Wissenschaftler wie der Biochemiker Helmut Burtscher-Schaden und der Plagiatsforscher Stefan Weber erheben: Das BfR habe die Risikobewertung von 58 Studien wortwörtlich bei der Industrie abgeschrieben. Damit sei die wissenschaftliche Grundlage der Zulassung stark infrage gestellt, befand Burtscher-Schaden erst vor wenigen Wochen. Er und Weber waren von Fraktionen des EU-Parlaments mit der Untersuchung beauftragt worden.

Das EU-Parlament reagierte daraufhin mit einer Entschließung, welche das EU-Zulassungsverfahren erheblich veränderte. Auch solle es eine neue, systematische Überprüfung aller verfügbaren Arbeiten über die krebsauslösenden Eigenschaften von Glyphosat geben.

Foto: Börsenmedien AG

Ökonom: Umweltbehörde übernahm Industriestudien

Der US-Agrarökonom Charles Benbrook kam zu ähnlichen Erkenntnissen wie Greiser, Burtscher-Schaden und Weber. Der Experte weist darauf hin, dass das Urteil der US-Umweltbehörde EPA, dass Glyphosat nicht das Erbgut veränderte, vor allem auf Studien basiere, die von der Industrie selbst in Auftrag gegeben werden und nicht veröffentlicht worden seien.

Landwirte sind hohen Konzentrationen ausgesetzt

Benbrook zufolge ließ die EPA außer Betracht, dass Anwender des Herbizids viel höheren Konzentrationen ausgesetzt sein könnten. Die Kläger in den USA sind aber zum Beispiel Landwirte oder Heimgärtner. Regulierungsbehörden etwa in der Europäischen Union und Kanada kämen „im Wesentlichen aus den gleichen Gründen“ zum gleichen Ergebnis wie die EPA, so Benbrook. Sie würden im Großen und Ganzen dieselben Studien der Industrie zitieren.

Im Gegensatz hierzu habe sich die Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation überwiegend auf wissenschaftlich evaluierte Erhebungen bezogen, die ein Krebsrisiko anzeigen würden. Daher habe die IARC das Herbizid seinerzeit als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft.

Das Urteil der Kings Universität in London

Zu einem negativen Urteil kommt auch Dr. Robin Mesnage von der Abteilung der medizinischen und molekularen Genetik an der Kings Universität in London. Seiner Ansicht nach zeigen Datenanalysen, dass Roundup als meistverwendete Marke von Herbiziden aus Glyphosat um ein Vielfaches giftiger sei als Glyphosat allein für sich. Gerade wegen der Mischung mit weiteren giftigen Chemikalien sei Roundup so gefährlich.

Zu viele Unwägbarkeiten

War hat bezüglich des Themenbereichs Glyphosat nun recht? Die in Nordamerika und in der Europäischen Union tätigen Zulassungsbehörden, die kein Krebsrisiko durch das Herbizid sehen? Oder die oben erwähnten Experten, welche auf potenzielle Gefahren aufmerksam machen? Anders ausgedrückt: Sind die Aussagen von Greiser, Benbrook und Co. der Anfang vom Ende – also der anfängliche Sargnagel – für Glyphosat?

Wir können es nicht wissen. Es wird allerdings immer offensichtlicher, dass Bayer durch die Monsanto-Übernahme viel angreifbarer geworden ist. Es ist daher nicht ganz ausgeschlossen, dass in naher Zukunft womöglich neue Studien veröffentlicht werden, welche ein Krebsrisiko von Glyphosat beweisen. In diesem unwahrscheinlichen Szenario könnte der glyphosatbasierte Unkrautvernichter Roundup zwangsweise vom Markt genommen werden. Konservative Anleger bleiben daher vorsichtig und lassen von der Bayer-Aktie weiter die Finger.

Behandelte Werte

Name Wert Veränderung
Heute in %
Bayer - €
Bayer ADR - €

Aktuelle Ausgabe

Gesucht wird die neue Nvidia, Palantir oder Coinbase – das sind die großen AKTIONÄR-Favoriten für 2025

20.12.2024 Nr. 52/24 + 01/25 7,80 €
Paypal Sofortkauf Im Shop kaufen Sie erhalten einen Download-Link per E-Mail. Außerdem können Sie gekaufte E-Paper in Ihrem Konto herunterladen.

Buchtipp: Winning the Loser's Game

„Winning the Loser's Game“ geht zurück auf einen Zeitschriftenartikel, für den Charles D. Ellis den renommierten Graham & Dodd Award erhielt. Darin plädierte der Autor zukunftsweisend für eine Strategie des diversifizierten, kostengünstigen Investierens in Indexfonds, die er in seinem Buch weiter ausbaute. Inzwischen liegt der Klassiker in der achten, aktualisierten Auflage vor und ist damit auf der Höhe der Zeit angekommen. Neu hinzugekommen sind unter anderem Kapitel darüber, wie Technologie und Big Data traditionelle Anlageentscheidungen infrage stellen und wie das Anlegerverhalten die Renditen beeinflusst. Außerdem werden neue Forschungsergebnisse vorgestellt, die für Ellis’ Ansatz sprechen, und vor der Anlage in Anleihen wird gewarnt. Ein umfassender Leitfaden für langfristige Investitionen, erfolgreich aktualisiert, um den Realitäten der heutigen Märkte gerecht zu werden.

Winning the Loser's Game

Autoren: Ellis, Charles D.
Seitenanzahl: 336
Erscheinungstermin: 13.02.2025
Format: Hardcover
ISBN: 978-3-86470-862-6

Jetzt sichern Jetzt sichern