Fast drei Jahre sind seit dem ersten Urteil im US-Rechtsstreit um angebliche Krebsrisiken glyphosathaltiger Düngemittel vergangen - abgehakt ist das Thema für Bayer noch immer nicht. Wegen Milliarden-Rückstellungen für die Streitigkeiten und hoher Abschreibungen im Agrargeschäft fiel 2020 ein Verlust von mehr als zehn Milliarden Euro an. Mit einem Minus von rund einem Drittel war die Bayer-Aktie 2020 Schlusslicht im DAX. Entsprechend harsch fiel die Kritik der Aktionäre auf der Online-Hauptversammlung am Dienstag aus.
Bayer-Chef Werner Baumann versprach Besserung. Angesichts des teuren Glyphosat-Erbes, das Baumann sich 2018 mit der Übernahme des US-Saatgut-Konzerns Monsanto ins Haus geholt hatte, haben er und Bayer viel Vertrauen bei den Anlegern verspielt. "Bayer muss die Klagerisiken und Altlasten von Monsanto abschließend in den Griff bekommen", sagte der Experte der kreditgenossenschaftlichen Fondsgesellschaft Union Investment, Janne Werning.
Glyphosat-Rechtsstreitigkeiten weiter im Fokus
Richtungsweisend werden vor diesem Hintergrund die kommenden Wochen: Am 19. Mai steht eine Anhörung vor dem zuständigen Bundesrichter Vince Chhabria auf der Agenda. Der Termin wurde aus organisatorischen Gründen um eine Woche verschoben, wie das Bayer-Management erklärte. Dabei geht es um den neuen Vorschlag von Bayer und der Gegenseite zum Umgang mit diesem entscheidenden Teil des milliardenschweren Glyphosat-Vergleichs. Den ersten Vorschlag hatte der Richter im vergangenen Jahr abgelehnt. Baumann betonte auf der Hauptversammlung erneut, dass beide Streitparteien "mit der überarbeiteten Einigung gewissenhaft auf die Fragen eingegangen" sind, die das Gericht aufgeworfen habe.
Vorstand entlastet
Bayer-Chef Baumann versprach den Aktionären Besserung. "Wir wollen Ihr Vertrauen wieder zurückgewinnen. Und wir werden liefern." Die Anteilseigner, die die Hauptversammlung zur Abstimmung über das Top-Management nutzten, scheinen auf Baumanns Worte zu setzen. Wie vor einem Jahr stimmten sie mit etwas mehr als 90 Prozent für eine Entlastung des Vorstandes. 2019, als die Glyphosat-Krise erstmals das bestimmende Thema auf einer Aktionärsversammlung war, hatten die Anteilseigner dem Vorstand noch die Entlastung verweigert.
Vor wenigen Minuten ist unsere #BayerHV21 zu Ende gegangen. Vorstand und Aufsichtsrat wurden mit mehr als 90% der Stimmen entlastet. Wir danken allen für die engagierte Diskussion bei und am Rande der Hauptversammlung. Schönen Abend an alle und vor allem: Bleiben Sie gesund! pic.twitter.com/iWWfwtJtIP
— Bayer Presse DE (@BayerPresse_DE) April 27, 2021
Aktie am DAX-Ende
Am Mittwoch notiert die Aktie rund drei Prozent im Minus und ist damit das Schlusslicht im DAX. Hintergrund ist der Dividendenabschlag, der einen Tag nach der Hauptversammlung erfolgte. Bayer hat pro Papier 2,00 Euro für das Geschäftsjahr 2020 an die Anteilseigner ausgeschüttet, ein Jahr zuvor waren es noch 2,80 Euro.
Die Entlastung des Vorstands mit großer Mehrheit ist ein positives Signal. Doch das Management rund um CEO Werner Baumann muss liefern und die Glyphosat-Rechtsstreitigkeiten endlich lösen. Denn die Problematik erweist sich seit Jahren als Bremsklotz für die Aktie. Daher bleibt DER AKTIONÄR auch langfristig skeptisch gestimmt. Für kurzfristig ausgerichtete Trader hingegen bietet der DAX-Wert eine interessante charttechnische Situation.
(Mit Material von dpa-AFX)