Die Chemiekonzerne BASF, Covestro und Evonik lechzen unter den anhaltend hohen Energiekosten. Daher warnt eine Allianz aus Gewerkschaften und Industrieverbänden vor einer Abwanderung energieintensiver Firmen und will den Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz und die FDP zur Einführung eines Industriestrompreises erhöhen.
"Die Zeit drängt: Für Deutschlands Industrie steht die Uhr auf fünf vor Zwölf", heißt es in einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Schreiben an die Regierungschefs der Länder. Diese sollten ihren Einfluss in Bundesrat und Bundestag geltend machen, um die Bundesregierung von der Notwendigkeit eines zeitlich begrenzten "Brückenstrompreises" zu überzeugen.
Das anhaltend hohe, mittel- und langfristig unkalkulierbare Strompreisniveau sorge dafür, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie akut und zunehmend gefährdet werde, heißt es. "Was sich heute noch nicht unmittelbar bemerkbar macht, droht morgen zum "stillen" Abschied der wirtschaftlichen Basis unseres Wohlstands zu werden. Verlagerungen, Standortschließungen und Massenentlassungen stehen bevor."
Der Chef der Industriegewerkschaft IGBCE, Michael Vassiliadis, sagte am Donnerstagabend in Berlin, die energieintensiven Branchen stünden am Anfang nahezu aller industriellen Wertschöpfungsprozesse und seien deshalb ein zentraler Faktor für die Transformation der Industrie. "Ihren Exodus können wir uns weder gesellschaftlich, noch volkswirtschaftlich oder klimapolitisch leisten."
Innerhalb der Bundesregierung gibt es Streit um einen staatlich subventionierten Industriestrompreis. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will für eine Übergangsphase einen "Brückenstrompreis" von sechs Cent je Kilowattstunde für besonders energieintensive Betriebe. Auch die SPD-Fraktion will das. Die FDP lehnt einen Industriestrompreis ab, wie auch Bundeskanzler Scholz.
In dem Schreiben der Gewerkschaften und Industrieverbände heißt es, ein Brückenstrompreis koste kurzfristig Geld. "Der Verlust energieintensiver Industrien in den kommenden Jahren wäre aber ungleich kostspieliger für den Staat, die sozialen Sicherungssysteme, uns alle." Bis zu 2,4 Millionen Arbeitsplätze und gut 240 Milliarden Euro Wertschöpfung hingen direkt und indirekt an den Unternehmen der energieintensiven Branchen.
Das Schreiben kommt von den Spitzen unter anderem der Gewerkschaften IG Metall, des DGB und der IGBCE sowie der Wirtschaftsvereinigung Stahl, des Verbands der Chemischen Industrie und der Papier- und Glasindustrie.
Neben der schwachen Entwicklung der Weltkonjunktur bleiben die hohen Energiepreise eine große Belastung für die Chemiekonzerne. Da dies aber angesichts der im historischen Vergleich relativ günstigen Bewertung bereits mehr als eingepreist sein sollte, bleibt es dabei: Wer über einen langen Atem verfügt, kann sich daher weiterhin bei Covestro (Stopp: 36,00 Euro), BASF (Stopp: 37,00 Euro) und/oder Evonik (Stopp: 15,00 Euro) positionieren.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: BASF.
Mit Material von dpa-AFX