Können Analysten panisch werden? Die erste US-Großbank hat jedenfalls inzwischen überraschend heftig auf den anhaltenden Kursrutsch bei China-Aktien reagiert und die Kursziele für Alibaba, Tencent und Co völlig eingestampft. Teils wurden noch zum Monatsanfang ausgesprochene Kaufempfehlungen auf „Verkaufen“ geändert.
Bilibili war Anfang März laut Alex Yao von JPMorgan noch ein Kauf. Diese Woche wurde das Kursziel für das chinesische Videoportal auf 15 Dollar rasiert und die Aktie zum Verkauf empfohlen. Das Kursziel ist damit innerhalb weniger Wochen um 81 Prozent gesunken!
Bilibili ist keine Ausnahme. Für Alibaba werden plötzlich 65 statt 180 US-Dollar als Ziel ausgegeben. Baidu soll nur noch 90 statt 245 Dollar wert sein. JD.com? 35 statt 100. Pinduoduo 23 statt 105. Netease 24 Prozent weniger (60). Tencent 265 statt 570 Hongkong-Dollar. Meituan 90 statt 295.
Verschont wurde praktisch kein Unternehmen. Trip.com kommt mit einer Abstufung auf „Halten“ und einem von 30 auf 20 Dollar gesenkten Ziel noch vergleichsweise gut weg.
Begründung für die 180-Grad-Kehrtwende samt radikaler Kursziel-Reduzierungen: Die geopolitischen und makroökonomischen Risiken nehmen zu. Anleger fliehen aus chinesischen Internet-Aktien. Das Wachstum in China lässt nach. Und so weiter … Kurzum: Irgendwer bei JPMorgan hat inzwischen gemerkt, dass es gerade nicht so läuft für China-Aktien. Daraus wird nun die Schlussfolgerung gezogen, die Aktien seien auf Sicht der kommenden Quartale „uninvestable“.
Nachdem Analysten in den vergangenen Monaten mehrheitlich zum Kauf geraten und ihre Kursziele nur zögerlich gesenkt haben, versucht JPMorgan nun vorn dabei zu sein. Das ist verständlich, aber die Argumentation dahinter wirkt nur bedingt schlüssig. DER AKTIONÄR hat bereits seit Monaten vom Kauf von China-Aktien abgeraten und analysiert die aktuellen Entwicklungen in seiner kommenden Ausgabe ausführlich.
Der Handel mit Anteilen chinesischer Unternehmen ist mit erheblichen politischen und rechtlichen Unsicherheiten verbunden. Für Anleger besteht ein erhöhtes Totalverlustrisiko.
Hinweis auf Interessenkonflikte: Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren: Alibaba, Baidu, JD.com.