Das ging schnell: In nur drei Monaten hat China neue Regeln für die großen Internet-Konzerne des Landes festgeschrieben. Außerdem ist inzwischen auch klar, welches Zugeständnis Ant Group, das weltgrößte Fintech-Unternehmen, an dem Alibaba zu einem Drittel beteiligt ist, voraussichtlich machen muss. DER AKTIONÄR mit einem kompakten Überblick.
Die neuen Regeln richten sich gegen monopolistische Praktiken. Das Teilen sensibler Kundendaten, Allianzen gegen Konkurrenten, um diese aus dem Markt zu drücken, und Dumpingangebote sind ab sofort verboten. Das hat Chinas Marktregulierungsbehörde mitgeteilt.
Der Schritt ist keine Überraschung, war er doch bereits vergangenen November angekündigt worden. Doch nun sind die neuen Regeln, die sich speziell an Internet-Plattform-Unternehmen richten, bereits offiziell gültig. Beobachter hatten mit einem längeren Überarbeitungsprozess gerechnet.
Die Regeln sollen verhindern, dass die Starken durch unfaire Praktiken immer stärker werden. In der Vergangenheit hatte beispielsweise Alibaba versucht, Kunden exklusiv an sich zu binden, um JD.com auf Abstand zu halten. JD wiederum hatte Pinduoduos Geschäftsmodell kopiert, um dem Rivalen Kunden abspenstig zu machen.
Keine Knallhart-Regeln
In einigen Bereichen wurden ursprüngliche Formulierungen aufgeweicht. So bleibt es wohl erlaubt, Preise zu reduzieren, solange es sich um eine zeitlich begrenzte Werbemaßnahme, um neue Kunden anzulocken, handelt. Auch unterschiedliche Preissetzung auf der Basis von Algorithmen ist nicht explizit verboten. Insofern könnten große Unternehmen auch künftig von ihrem Big-Data-Schatz profitieren, solange sie den Bogen nicht überspannen.
Börsengang wohl doch möglich
Auch bei der Ant Group stehen die Zeichen auf Einigung. Reuters-Quellen zufolge könnte Ant den Kreditkarten-Daten-Bereich ausgliedern, um Bedenken der Finanzaufsicht zu zerstreuen. Alibaba hat Daten von mehr als einer Milliarde Kunden. Es geht den Behörden wohl darum, mit der Regulierung von Ant einen potenziellen Risikofaktor für die finanzielle Stabilität besser im Griff zu haben, ohne das Unternehmen jedoch in seine Einzelteile zu zerlegen. Einer Quelle zufolge könnte der abgebrochene Ant-Börsengang nach der Einigung doch noch fortgesetzt werden.
Der Alibaba-Kurs schwächelt zwar, hält sich aber am heutigen Handelstag besser als JD und Pinduoduo. Welche Auswirkungen die neuen Regeln auf die Geschäfte haben, dürfte erst in den kommenden Quartalen deutlich werden. DER AKTIONÄR rechnet bislang allerdings nicht mit nennenswerten Einbußen. Auch bei Ant ist ein Horror-Szenario (Zerschlagung) offenbar vom Tisch. Das Unternehmen wird aber künftig wie ein Finanzunternehmen reguliert werden (das es nun mal ist). Dementsprechend dürfte Ant beim nächsten IPO-Anlauf nur eine deutlich niedrige Bewertung erreichen als beim ersten Versuch. Unterm Strich sind die aktuellen Entwicklungen in China positiv zu werten, weil zügig ein klarer, angemessener Rahmen vorgegeben wurde, an dem sich die Unternehmen nun orientieren können.
Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren: Alibaba.