Der Portfoliomanager einer renommierten Investmentgesellschaft ist skeptisch, was das Wachstum in Schwellenländern betrifft. Für ausgewählte Unternehmen zeigt er sich trotzdem zuversichtlich – darunter auch Alibaba. Chinas E-Commerce-Riese sei derzeit schon bezüglich des Kerngeschäfts unterbewertet.
Alibaba zählt (neben Tencent) zu Justin Leverenz‘ Favoriten. Leverenz ist langjähriger Portfoliomanager bei Invesco und verantwortlich für den Oppenheimer Developing Markets fund (ODMAX). „Was Alibaba anbelangt, bin ich der Meinung, dass das Unternehmen bei einer aktuellen Marktkapitalisierung von rund 400 Milliarden Dollar stark unterbewertet ist“, sagte Leverenz in einem Interview mit der Schweizer Zeitung „Finanz und Wirtschaft“. Dieser Börsenwert unterschätze selbst das Potenzial des Kerngeschäfts, das Jahr für Jahr mehr als 20 Prozent wachsen werde. Hinzu kämen neue Initiativen in den Bereichen Einzelhandel, Fintech und Cloud.
Leverenz erklärte, er bevorzuge Unternehmen, die nicht auf ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum ihres Heimatlands angewiesen seien. Unternehmen, die durch neue Projekte ein nichtlineares Wachstum generieren könnten. Viele Analysten würden bei ihren Prognosen das bisherige Wachstum oft zu konservativ in die Zukunft fortschreiben.
Es stimme nicht, dass Tencent und Alibaba von der chinesischen Regierung eine Monopollizenz erhalten hätten – „sonst müssten sie nicht so innovativ sein, wie sie sind“, sagte Leverenz. Richtig sei vielmehr, dass sich Google, Uber und Amazon zum Rückzug aus China entschieden hätten, weil sie nicht mit den heimischen Unternehmen mithalten konnten. Tencent betreibe beispielsweise „das innovativste soziale Netzwerk der Welt“. Facebook sei dabei, die Bezahlfunktion von Tencents WeChat zu kopieren.
Während Leverenz Chinas Tech-Giganten lobte, äußerte er sich eher skeptisch zu den grundsätzlichen Aussichten von Ländern wie Indien. Für viele dieser Länder sei es „völlig unmöglich“, sich wie China zu entwickeln, sagte Leverenz. Gründe dafür seien wirtschaftliche Ungleichheit, sehr eingeschränkte soziale Mobilität und populistische Machthaber.
Alibaba und Tencent sind sehr stark aufgestellt, liefern sich in einigen Bereichen einen Konkurrenzkampf. Auch kleinere Unternehmen dürfen auf dem chinesischen Markt mitmischen. Es ist also richtig, dass ein gewisser Innovationsdruck besteht und dass die Unternehmen ihren Erfolg nicht einer chinesischen Planwirtschaft verdanken. Fakt ist aber auch, dass ausländischen Unternehmen der Zugang zum chinesischen Markt erschwert wird. Auch darum geht es im Handelskonflikt mit den USA. Fakt ist ebenfalls: Alibaba und Tencent sind starke Unternehmen. DER AKTIONÄR empfiehlt beide zum Kauf.
Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die durch die durch die Publikation etwaig resultierende Kursentwicklung profitieren: Alibaba.