Spirit AeroSystems steht als Flugzeugteile-Hersteller im Fokus vieler Boeing-Pannen. Der Luft- und Raumfahrt-Riese hatte seinen Zulieferer vor fast 20 Jahren ausgegliedert, will ihn nun aber zurückkaufen. Da auch Airbus Teile von Spirit bezieht, wollen die Europäer nun zwei Spirit-Fabriken übernehmen. Wird Boeing mitspielen?
Es gibt Gerüchte, dass Boeing und Airbus eine Einigung über eine Aufteilung ihres Zulieferers Spirit AeroSystems anstreben. Die beiden größten Flugzeughersteller der Welt prüften, wie sie ihre jeweiligen Verbindungen zu Spirit entflechten können, sagten mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Alle drei Parteien führten Gespräche miteinander.
Bislang beabsichtigte Boeing, Spirit komplett zurückzukaufen, um die Qualitätsprobleme dort in den Griff zu bekommen. Anschließend sollte geprüft werden, wie die von Airbus benötigten Werke an den Rivalen verkauft werden könnten.
Nun hat Airbus-Chef Guillaume Faury sein Interesse an zwei Werken des Flugzeugzulieferers angemeldet. Faury sagte der Nachrichtenagentur Reuters, es sei nicht unwahrscheinlich, dass der europäische Flugzeugbauer die Werke im US-amerikanischen Kinston und im nordirischen Belfast mit zusammen 4.000 Mitarbeitern übernähme, wenn Boeing Spirit AeroSystems übernähme.
Werke schreiben rote Zahlen
In dem Werk in Kinston werden Rumpfteile für das Langstrecken-Modell Airbus A350 sowie ein Kohlefaser-Holm für den Flügel hergestellt. In Belfast baut Spirit die Tragflächen für den kleinen Airbus A220, den der deutsch-französische Konzern 2018 von der kanadischen Bombardier für einen symbolischen Euro übernommen hatte.
Die beiden Werke schreiben Branchenkreisen zufolge rote Zahlen – was die Frage aufwirft, wieviel Airbus dafür bezahlen müsste. Spirit ist an der Börse etwa vier Milliarden Dollar wert. Möglicherweise müsse Airbus in den nordirischen Standort mehr als eine Milliarde Dollar investieren, hieß es von Insidern.
Verschiedene Optionen
Airbus-Erzrivale Boeing hatte Anfang März überraschend angekündigt, seine ehemalige Tochter Spirit AeroSystems wieder zurückzukaufen. Die Amerikaner ziehen damit die Konsequenzen aus einem Zwischenfall Anfang Januar, bei dem während eines Fluges von Alaska Airlines ein Teil der Kabinenwand aus einer Boeing 737 MAX-9 herausgefallen war. Dieses Teil wird von Spirit zugeliefert.
Damit die Amerikaner nach einer Reihe von Zwischenfällen wieder eine größere Kontrolle über ihre Lieferkette erlangen können, müssen die Fertigungsprozesse der Europäer ausgegliedert werden. "Es gibt nicht viele Unternehmen auf der Welt, die gute Eigentümer dafür wären", sagte der Airbus-CEO. Eine Übernahme der Werke durch Airbus sei eine der Möglichkeiten, und keine unwahrscheinliche – aber nicht die einzige, fügte er hinzu.
Airbus-Aktie im Aufwärtstrend
Die Airbus-Aktie gehört mit einem Kursaufschlag von 1,8 Prozent auf 165,02 Euro am Freitag-Vormittag zu den besseren Werten im DAX. Der im Oktober 2023 gestartete Aufwärtstrend ist trotz der jüngsten Kursberuhigung intakt.
Analysten optimistisch
Unterdessen haben sich zwei Analysten positiv zur Airbus-Aktie geäußert. Die US-Bank JPMorgan hat ihre Einstufung vor Quartalszahlen auf "Overweight" mit einem Kursziel von 195 Euro belassen. Die Kennziffern des Flugzeugbauers dürften zwar eher schwach ausfallen, schrieb Analyst David Perry in einer Studie. Am ordentlichen Ausblick auf 2024 sollte sich aber nichts ändern.
Das Analysehaus Jefferies hat das Kursziel für Airbus gerade von 165 auf 195 Euro angehoben und die Einstufung auf "Buy" belassen. Das operative Ergebnis (EBIT) des Flugzeugbauers dürfte um vier Prozent gestiegen sein, schrieb Analystin Chloe Lemarie am Donnerstag. Eine Änderung des Ausblicks erwarte sie nicht. Das neue Kursziel begründete die Expertin mit ihrem auf das Jahr 2026 verlagerten Bewertungshorizont.
Die möglicherweise nicht günstige Übernahme der beiden Teile-Fabriken von Spirit wird das Airbus-Geschäft langfristig stabilisieren. Für den Konkurrenten Boeing macht der Rückkauf der anderen Spirit-Werke ebenfalls Sinn, um die Qualitätsprobleme beim Zulieferer in den Griff zu bekommen. Die Airbus-Aktie bleibt weiterhin erste Wahl für Anleger.
DER AKTIONÄR setzt in seinem erfolgreichen Hebel-Depot schon länger auf steigende Airbus-Kurse. Anleger lassen die Gewinne laufen. Die Aktie von Airbus ist übrigens mit sieben weiteren Papieren der Luft- und Raumfahrt-Branche auch im DER AKTIONÄR Weltraum Index enthalten. Alle Infos zum Index und zu passenden Zertifikaten gibt es hier.
Börsen.Briefing Newsletter
Bleiben Sie über die neuesten Entwicklungen bei spannenden Unternehmen und an der Börse auf dem Laufenden. Lesen Sie das Börsen.Briefing. – den täglichen Newsletter des AKTIONÄR. Kostenlos.
Hinweis auf Interessenkonflikte:
Aktien der Airbus Group befinden sich in einem Real-Depot der Börsenmedien AG.
Der Preis der Finanzinstrumente wird von einem Index als Basiswert abgeleitet. Die Börsenmedien AG hat diesen Index entwickelt und hält die Rechte hieran. Mit dem Emittenten der dargestellten Wertpapiere hat die Börsenmedien AG eine Kooperationsvereinbarung geschlossen, wonach sie dem Emittenten eine Lizenz zur Verwendung des Index erteilt. Die Börsenmedien AG erhält insoweit von dem Emittenten Vergütungen.
(Mit Material von Reuters und dpa-AFX)