Aus der heutigen Ausgabe von Maydorn Meinung: Es ist schon bemerkenswert: Während sich die Besitzer von Air-Berlin-Tickets Sorgen machen, ob sie ihren Flug überhaupt noch antreten können und viele ihre Flüge lieber stornieren würden, ist die Aktie von Air Berlin bei Anlegern heiß begehrt. Gestern Nachmittag lag sie beim Online-Broker Flatex auf Rang 1 der meistgekauften Aktien. Zwar führte sie auch die Liste der meistverkauftesten Aktien an, was nach einer Insolvenzmeldung durchaus nachvollziehbar ist, aber das gewaltige Kaufinteresse an einer Pleite-Airline wirft schon die eine oder andere Frage auf. Was erwarten sich die Käufer? Haben Sie die Insolvenzmeldung nicht mitbekommen? Oder leben hier einfach hunderte Anleger ihren Masochismus aus?
Übernahmespekulation?
Nein, es sind weniger Masochisten als vielmehr Schnäppchenjäger, die sich Air-Berlin-Aktien in ihr Depot legen. Nichts zieht Anleger offenbar so an, wie stark gefallene Aktien. Vor allem wenn es sich um eine so bekannte Firma wie Air Berlin handelt. Frei nach dem Motto „was tief fällt kann hoch steigen“ wird eben zugegriffen, wenn es eine Aktie für unter 50 Cent gibt, die früher einmal rund 20 Euro gekostet hat und die ja vor wenigen Monaten schon einmal binnen weniger Tage von knapp über 0,50 auf 1,40 Euro in die Höhe geschossen war. Ausgelöst wurde der rasante Anstieg im Mai von Gerüchten, die Lufthansa hätte Interesse an einer Übernahme von Air Berlin.
Filet für die Lufthansa, Greten für die Aktionäre
Und auch jetzt ist wieder allen voran die Lufthansa, die insbesondere Interesse an den Start- und Landerechten von Air Berlin hat und die ja auch schon 38 Flugzeuge von Air Berlin geleast hat. Hatte die Lufthansa im Mai eine Übernahme von Air Berlin aufgrund der hohen Schulden von über einer Milliarde Euro noch abgelehnt, kommt sie jetzt ohne Übernahme der Schuldenlast an die Filetstücke der angeschlagenen Airline. Gut für die Lufthansa und deren Aktionäre, schlecht für die Aktionäre von Air Berlin. Denn ohne Filetstücke bleiben sie am Ende auf den Greten sitzen – und auf einem noch immer hohen Schuldenberg. Denn der übersteigt die zu erwartenden Verkaufserlöse um ein Vielfaches.
Kursziel: 0
Natürlich stirbt die Hoffnung zuletzt – und natürlich können wild gewordene Zocker den Kurs der Aktie noch einmal kurzfristig in die Höhe schnellen lassen, aber das Ende ist vorprogrammiert: Die Aktionäre von Air Berlin gehen – wie bei 99,9 Prozent aller Insolvenzen börsennotierter Unternehmen – leer aus. Sprich, der Kurs wird sich mittelfristig der Nulllinie annähern und die Aktie dann irgendwann vom Kurszettel verschwinden.
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