Die Finanzkrise beendete die Börsengeschichte des Reisemobilherstellers Hymer. Doch die Zeiten haben sich seitdem deutlich verbessert – kommt jetzt das Comeback auf das Parkett?
Es wäre eine Rückkehr der besonderen Art. Hymer erwägt aufgrund zunehmenden Wachstums neben der Beteiligung eines strategischen Partners einen Börsengang. Das im schwäbischen Bad Waldsee angesiedelte Unternehmen ist mit seinen mehr als 20 Marken wie Dethleffs, Eriba oder Laika in Europa führender Hersteller von Wohnwagen und weltweit sogar der größte Reisemobilbauer.
(Quelle: Hymer)
Aber ganz so rund lief es bei Hymer nicht immer, denn bereits vor der Jahrtausendwende waren die Schwaben an der Börse gelistet – bis die Finanzkrise das Börsenabenteuer radikal ein Ende bereitete. Nach einer 23-jährigen Zugehörigkeit zur Wertpapierbörse folgten der Finanzkrise herbe Verluste. Der Aktien-Kurs legte mit einem Minus von 80 Prozent eine regelrechte Bruchlandung hin. Im Jahr 2013 beendete die Eigentümer-Familie vorerst das Börsenkapitel.
Die Schwaben konnten in den letzten Jahren wieder deutlich an Fahrt aufnehmen. Der Umsatz stieg von rund 1,4 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2014/15 auf 2,1 Milliarden Euro im abgelaufenen Geschäftsjahr. Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der Mitarbeiter ebenfalls deutlich – mittlerweile beschäftigt das Unternehmen rund 6.000 Mitarbeiter. Grund dafür ist ein regelrechter Aufschwung, den die Branche seit einiger Zeit erlebt, so stiegen allein in Deutschland die Verkäufe von Wohnmobilen um 66 Prozent in den vergangen drei Jahren. In Europa werden derzeit rund 185.000 Reisemobile und Wohnwagen jedes Jahr zugelassen – im Jahr 2022 sollen es, laut Caravaning Industrie Verband, schon 245.000 sein.
Mit einem Börsengang oder der Beteiligung eines strategischen Investors will Hymer vor allem eines – expandieren. Denn lediglich 15 Prozent des gesamten Geschäfts erwirtschaften die Schwaben außerhalb von Europa. Erste Schritte in Richtung weite Welt machte Hymer bereits 2016 mit der Übernahme des kanadischen Herstellers Roadtrek, mit welchem das Unternehmen ab 2030 selbstfahrende Reisemobile anbieten will. In den USA steht das Unternehmen kurz vor einem Zukauf oder der Errichtung eines eigenen Werks. Im ebenfalls großen Markt China konnte Hymer erfolgreich einen Joint-Venture-Partner finden. Insgesamt konnte durch die bereits umsgesetzte Expansionsstrategie die Menge an abgesetzten Fahrzeugen auf 55.000 gesteigert werden.
(Quelle: Hymer)
Die Chancen für ein baldiges Comeback des Reisemobilbauers stehen nicht schlecht. Dennoch wäre laut dem Hymer-Chef Martin Brandt eine strategische Investition durch einen Investor einem Börsengang vorzuziehen. Laut dem Handelsblatt haben sich bereits drei Private-Equity-Gesellschaften (darunter Cinven und Cerberus Capital Management) für ein Investment interessiert. Letztendlich, so Aufsichtsratschef Johannes Stegmaier, wird "die [Eigentümer] Familie diese Entscheidung nach reiflicher Überlegung und zum richtigen Zeitpunkt treffen". Sollte die Entscheidung zugunsten eines Börsengangs fallen, wäre mit einem Comeback auf das Parkett frühestens zum Ende des Jahres zu rechnen, so Hymer-Chef Martin Brandt.