Bei ThyssenKrupp dreht sich in der Öffentlichkeit in den letzten Wochen alles um die Bereiche Stahl und Anlagenbau. Vernachlässigt wird dagegen häufig Materials Services. Dabei ist der Handel mit Stahl-, Aluminium- oder auch Kunststoffteilen die umsatzstärkste Sparte des Konzerns.
Alleine im ersten Halbjahr wurden im Handelsgeschäft 6,7 Milliarden Euro erlöst. Allerdings blieb dabei gerade einmal ein bereinigter Gewinn von 128 Millionen Euro übrig. Das Ziel ist klar: Die EBIT-Marge von gerade einmal 1,2 Prozent soll verbessert werden. Dazu will ThyssenKrupp die Digitalisierung vorantreiben. Der E-Commerce-Riese Amazon dient dabei als Vorbild und hat vorgemacht, wie auch bei komplexen Geschäften gutes Geld verdient werden kann.
Das Problem: Ein hohes Angebot, stark schwankende Bestellmengen und individuelle Lösungen führen zu Problemen in der Sparte. Durch Algorithmen und eine Vernetzung der Maschinen sollen nun neue Werte geschaffen werden. „Wir müssen die gesamte Wertschöpfungskette durchdigitalisieren“, so Hans-Josef Hoß, zuständiges Vorstandsmitglied der Thyssen-Krupp-Werkstoffsparte, gegenüber dem Handelsblatt.
Hohes Potenzial
ThyssenKrupp hat dazu für eine siebenstellige Summe die digitale Plattform „toii“ entwickelt. Nun muss Hoß zeigen, dass sich die eigene Lösung lohnt. Das ist möglich. Branchenkenner erwarten, dass die Effektivität bei einer kompletten Digitalisierung aller Abläufe in der Regel um bis zu 30 Prozent zulegt. Bei den großen Summen, die Materials Servies bewegt, könnten die „toii“-Ausgaben so schnell wieder hereingeholt werden.
Spannung steigt
Noch in dieser Woche könnte es eine Lösung für die europäischen Stahlaktivitäten geben. Spannend wird dann auch, was mit dem Handelsgeschäft passiert. Gerüchte über einen möglichen Zusammenschluss mit der Wettbewerber Klöckner & Co gibt es bereits seit Monaten. So oder so: Bei einer Abspaltung des Sorgenkinds Stahl steht die Aktie vor einer Neubewertung. Kurse von über 30 Euro wären dann möglich.