Teuer erkauftes Wachstum – so lautete auch das Fazit vom AKTIONÄR zur Qualtrics-Übernahme durch SAP für acht Milliarden Dollar. Doch nicht alles, was teuer ist, muss gleichzeitig schlecht sein. Jetzt verteidigt der Finanzvorstand den Deal: Der Zukauf dürfte Umsatzwachstum und bessere Gewinnmargen bringen.
Wachstum bei Umsatz und Marge
Als relativ sicher gilt: Der Kauf des US-Unternehmens Qualtrics wird insbesondere das wichtige Cloud-Wachstum antreiben. Doch in der Vergangenheit hatte SAP nach einigen Übernahmen mit einer schwächeren Marge kämpfen müssen, bevor sich Zukäufe positiv auf die Profitabilität niederschlugen. Die Anleger sind deshalb verunsichert, dass SAP zu tief in die Tasche gegriffen hat und sich auf Jahre selbst geschwächt hat.
Jetzt verteidigte der Finanzvorstand Luka Mucic im Rahmen der „Morgan Stanley European Technology, Media and Telecoms Conference“ in Barcelona den acht Milliarden Dollar teuren Kauf der Firma, die eigentlich für rund sechs Milliarden Dollar an die Börse hätte gehen sollen. Zum einen ist sich der Finanzchef sicher, dass Qualtrics einen überragenden ersten Börsentag hingelegt hätte. Zum anderen sieht es der CFO als Fehler an, das Cloud-Wachstum zu drosseln, nur um die Marge aus Legacy-Geschäft und Cloud kurzfristig zu halten.
„Man findet nicht oft eine Firma, die derart gut skaliert“, sagte Mucic über Qualtrics und sieht langfristig nicht nur wachsende Umsätze sondern auch die steigende Marge. Einen genaueren Ausblick will der Finanzchef nach der Genehmigung der Akquisition geben – mit dieser sei jedoch erst in der ersten Jahreshälfte 2019 zu rechnen.
Das soll es nicht gewesen sein
Überraschend: Selbst nach der Milliarden-Übernahme schließt der CFO weitere Zukäufe nicht aus. Diese sollen diesmal jedoch tatsächlich kleine Akquisitionen im Bereich KI oder Robotic sein, nachdem CEO Bill McDermott zum Jahresanfang ankündigte, nur kleinere Ergänzungskäufe 2018 anzupeilen.
Update: Vor wenigen Stunden kam dann auch die Ankündigung: SAP kauft das Start-up Contextor, das auf Softwareroboter spezialisiert ist. Die KI-Software soll unternehmensspezifische Dateen ansammeln und automatisiert Vorschläge abgeben. Einfaches Beispiel: im Callcenter Kunden-Fragen schneller beantworten.
Langfristige Chancen
Das Ziel von SAP ist klar: Die Konzernführung will durch den Qualtrics-Kauf zusätzliche Anteile im CRM-Cloud-Markt gewinnen. Qualtrics entwickelt Software, die Firmen hilft, Feedback und Daten von Kunden und Mitarbeitern zu sammeln, zu analysieren und weiterzuverarbeiten.
Wachstum in der Cloud ist dabei tatsächlich entscheidend, um angesichts der schnellwachsenden US-Konkurrenz nicht unterzugehen. Insbesondere, wenn in heiße Märkte wie Enterprise-Software und CRM weiter vorgestoßen werden soll. DER AKTIONÄR glaubt an das Cloud-Wachstum und langfristig stärkere Margen trotz hoher Investitionshürden. Anleger lassen sich nicht von der Verunsicherung über den hohen Kaufpreis anstecken und bleiben dabei.