Nach dem gelungenen Börsengang von Delivery Hero Ende Juni steht bei Rocket Internet womöglich das zweite Beteiligungs-IPO unmittelbar bevor. Bereits im September könnte der Kochbox-Versender Hello Fresh im zweiten Anlauf den Sprung aufs Parkett wagen.
Seit geraumer Zeit wird über den Börsengang von Hello Fresh spekuliert. Zuletzt hieß es, dass die Rocket-Beteiligung (rund 53 Prozent) im Herbst das im Jahr 2015 kurzfristig abgeblasene IPO nachholen wird – sofern der Börsengang von Delivery Hero ein Erfolg wird. Nachdem dies der Fall ist, steht dem Börsendebüt ja eigentlich nichts mehr im Wege.
Danach gefragt sagt Hello-Fresh-CEO Dominik Richter im Interview mit dem Manager Magazin(MM): „Wir halten uns alle Optionen offen.“ Dass sich im aktuellen Umfeld wohl nur eine niedrigere Bewertung als bei der letzten Finanzierungsrunde vor zwei Jahren (2,6 Milliarden Euro) realisieren lasse, stört den 30-Jährigen nicht. Diese sei „nicht mehr als eine Momentaufnahme.“ Viel wichtiger sei der Unternehmenswert in drei oder fünf Jahren.
Sorgenfalten nach Blue-Apron-Flop
Was die Vorfreude der Anleger auf den möglicherweise kurz bevorstehenden Börsengang von Hello Fresh bremst, ist das Debakel des US-Konkurrenten Blue Apron. Bei seinem Börsengang im Juni hatte das Unternehmen zunächst eine Preisspanne von 15 bis 17 Dollar pro Aktie angepeilt, ist mangels Nachfrage letztlich aber nur zu zehn Dollar an die Börse gekommen – und hat sich seitdem trotzdem noch einmal fast halbiert. Die ursprünglich angepeilte Bewertung von 2,68 Milliarden Dollar ist so auf rund eine Milliarde geschmolzen.
Darauf angesprochen versucht Richter im Interview zu relativieren: Der Blue-Apron Börsengang habe nur bedingt Aussagekraft für Hello Fresh. „Wir spielen in einer ganz anderen Liga. Wir sind schließlich der einzige Anbieter in unserem Segment, der in neun Märkten auf drei Kontinenten mit relativen Marktanteilen fest etabliert ist.“
Zudem wachse sein Unternehmen inzwischen trotz geringerer Marketing-Ausgaben schneller als der US-Konkurrent und mache dabei weniger Verlust. In den USA habe man gegenüber Blue Apron in den zurückliegenden Quartalen deutlich Marktanteile hinzugewonnen. „Das wird sich auch in den Zahlen für den Rest des Jahres zeigen“, so der Hello-Fresh-Chef.
Keine Angst vor Amazon
Dass Blue Apron beim IPO derart unter die Räder gekommen ist, liegt unter anderem an Amazon. Kurz zuvor war der E-Commerce-Riese mit seinem Übernahmeangebot für Whole Foods vorgeprescht und hat damit seine Ambitionen im Versandhandel mit Lebensmitteln untermauert. Bedenken, dass Amazon auch seiner Firma gefährlich werden könnte, versucht Richter im MM-Interview wegzuwischen.
„Es gibt viele Beispiele, die zeigen, dass sich kleinere Firmen gegen große durchsetzen können, wenn sie sich auf ihre Stärken besinnen“, so der Hello-Fresh-Mitgründer. Vor allem der Aufbau von Technik und Logistik, um bei hohen Volumen eine gesunde Margenstruktur anzubieten, sei extrem schwer. Im Vergleich zum klassischen Lebensmittelhandel könne sein Unternehmen außerdem anders planen und müsse weniger verderbliche Produkte wegwerfen. „Dadurch haben wir viel höhere Margen.“
Aktie auf der Watchlist
Die Anleger reagieren am Freitag zunächst verhalten auf Richters Worte – die Aktie von Rocket Internet notiert am Vormittag kaum verändert. Ein zweites Beteiligungs-IPO binnen weniger Monate wäre ein starkes Signal an die Kritiker der Start-up-Schmiede.
Dass der Rocket-Aktie selbst ein erfolgreicher Börsengang oder der gewinnbringende Verkauf von Beteiligungen nicht zwangsläufig Impulse liefert, haben jüngst das Delivery-Hero-IPO und der Verkauf der restlichen Lazada-Beteiligung an Alibaba gezeigt. DER AKTIONÄR bleibt daher vorerst bei der Empfehlung, die Rocket-Aktie zu meiden.