Personalisierte Therapien, entwickelt aus lebenden Zellen – dies ist keine Fiktion, sondern Realität. Novartis hat mit Kymriah im Jahr 2017 die erste Zulassung für eine CAR-T-Zell-Therapie erhalten, die Patienten vom Blutkrebs befreien kann. Damit läuteten die Schweizer ein neues Zeitalter in der Krebsmedizin ein. Bei der Entwicklung stehen die Zellen des betroffenen Menschen im Fokus, die im Labor tagelang transformiert werden, um Krebszellen zu zerstören. Zelltherapien könnten auch für Vita 34 ein spannender Zukunftsmarkt neben dem lukrativen Kerngeschäft sein.
Schließlich handelt es sich bei dem Leipziger Unternehmen um die größte Nabelschnurblutbank Deutschlands mit über 20 Jahren Erfahrung auf dem Gebiet der Einlagerung von Stammzellen und der Herstellung von Stammzelltransplantaten. Das Besondere an Stammzellen: Sie sind universell und besitzen die Fähigkeit, sich selbst zu erneuern. Daher bilden Stammzellen die Basis aller menschlichen Zellen und machen sie damit so interessant für Ansätze der regenerativen Medizin. „In der öffentlichen Wahrnehmung ist die Anwendung von Stammzellen immer noch vornehmlich mit seltenen Erkrankungen wie Leukämie oder ähnlichen blutbildenden Erkrankungen verbunden. Dabei beobachten wir schon seit einigen Jahren, dass vor allem in der regenerativen Medizin die Anwendungen von Nabelschnurblut ansteigen, was die Relevanz unseres Produktangebots nachdrücklich unterstreicht. Dies wird unterstützt durch die Veröffentlichung von Studienergebnissen aus den USA, die dosisabhängig die Vorteile einer solchen Therapie zeigen konnten“, so der Vorstandsvorsitzende von Vita 34, Dr. Wolfgang Knirsch, gegenüber dem AKTIONÄR. „Wir werden diese Botschaften konsequent in unsere Kommunikationsstrategie einbauen und gezielte Kommunikationskampagnen über traditionelle und neue Medien für werdende Eltern durchführen.“
Bedeutung der Stammzelle gewinnt an Dynamik
Dass den Zellen aus der Nabelschnur verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt wird, zeigt die Zunahme der Anwendungsfälle im Hause Vita 34. Im letzten Jahr (Mitte Dezember 2018) habe es bereits fünf Anwendungen gegeben – Rekord. Die Leipziger sind zuversichtlich, dass sich der positive Trend fortsetzt. Es liegen laut Vita 34 bereits weitere Anfragen vor. Das spürbar steigende Interesse an Stammzell-Anwendungen aus Nabelschnurblut ist für das Unternehmen Gold wert. Denn mit zunehmendem Bekanntheitsgrad sollten die Einlagerungszahlen weiter steigen, derzeit liegt die Einlagerungsquote in der DACH-Region bei überschaubaren zwei Prozent. Zum Vergleich: Die USA kommt auf fünf Prozent, in Südkorea wird jedes vierte Nabelschnurblut eingelagert. Vita 34 befindet sich als zweitgrößte Stammzellbank in Europa (hinter der niederländischen Cryo-Save) in einer hervorragenden Position, um das gigantische Marktpotenzial in Deutschland und über die Grenzen der DACH-Region hinaus zu erschließen. Denn die Leipziger haben die Weichen für weiteres Wachstum gestellt.
Sinnvolle Übernahme
Um im Heimatmarkt die Präsenz und die Schlagzahl zu erhöhen, hat Vita 34 im April 2017 die Übernahme des Wettbewerbers Seracell Pharma angekündigt. Kostenpunkt: 14 Millionen Euro. Vita 34 selbst brachte zur Bekanntgabe der Akquisition gerade einmal rund 20 Millionen Euro auf die Börsenwaage. Den Kaufpreis stemmten die Leipziger per Bankfinanzierung und Kapitalerhöhungen. In diesem Atemzug gewann Vita 34 mit der Beteiligungsgesellschaft MKBV unter der Leitung von Shop-Apotheke-CEO Michael Köhler einen neuen strategischen Investor. Gleichzeitig drehte sich in Leipzig das Personalkarussell: André Gerth, langjähriger Vorstandsvorsitzender Gesellschaft, schied aus dem Management aus. Seit Juni 2017 leitet Wolfgang Knirsch das Unternehmen in Leipzig, auch der Aufsichtsrat wurde im Zuge der veränderten Aktionärsstruktur neu zusammengesetzt.
Apropos Aktionäre: Die Meldeschwelle von drei Prozent hat zuletzt die Polski Bank Komórek Macierzystych (PBKM) überschritten. PBKM leitet die FamiCord-Gruppe, die ebenfalls zu den größten Stammzellbanken in Europa zählt. „Vita 34 gehört zu den führenden Stammzellbanken in Europa und weltweit. PBKM ist auf einem ähnlichen Wachstumskurs unterwegs, wobei die geografischen Schwerpunkte unterschiedlich liegen. Natürlich ist Vita 34 mit allen wichtigen Marktteilnehmern in regelmäßigen Gesprächen zur generellen Marktentwicklung, auch mit PBKM. Aufgrund der ausgezeichneten Marktposition und der sehr guten Entwicklung ist Vita 34 natürlich ein interessantes Unternehmen, nicht nur für Investoren. Dank der anhaltend guten Kursentwicklung sehen wir uns allerdings in einer starken Position“, so CEO Knirsch auf Anfrage des AKTIONÄR im Mai 2018. Man darf gespannt sein, wie sich die Investorenriege in Zukunft verhält.
In der Vergangenheit verfolgte Vita 34 eine konsequente Buy-and-Build-Strategie. Das Management hält an diesem Fahrplan fest: „Unser Produktportfolio und die hohe Qualität am Standort Deutschland machen unsere Produkte europa-weit attraktiv. Unsere starke Position in unserem Heimatmarkt Deutschland und unsere bereits breite Präsenz in Europa ermöglichen es uns, auch in Zukunft neue Märkte zu erschließen und auch weiterhin als aktiver Konsolidierer am Markt aufzutreten“, führt Dr. Knirsch aus.
Die Strategie: Vision 2021
Im Rahmen von „Vision 2021“ peilt Vita 34 eine Verdreifachung beim EBITDA in den kommenden Jahren an, bei Margen jenseits der Marke von 20 Prozent. Dass dies gelingt, unterstreichen die jüngsten Zahlen: Der Umsatz kletterte in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2018 um 13,1 Prozent auf 15,6 Millionen Euro – bei einer deutlichen Margenausweitung. Firmenlenker Knirsch betont: „Das Umsatzwachstum in unserem Heimatmarkt und die Einstellung unrentabler Aktivitäten waren wesentlich für das Erreichen dieser positiven Entwicklung. Wir erwarten in den kommenden Jahren neben einer Ausweitung des Geschäfts in unserem Heimatmarkt auch steigende Umsatzbeiträge aus dem attraktiven, aber margenschwächeren Geschäft unserer internationalen Vertriebspartner. Vor diesem Hintergrund planen wir mittelfristig mit einer EBITDA-Marge im Bereich von 20 bis 25 Prozent.“ Die Strategie und die Pläne von Vita 34 honorierte die Börse in Form einer Kursvervielfachung binnen zwei Jahren. Entsprechend hoch waren die eingepreisten Vorschusslorbeeren. Mittlerweile ist der Small Cap auf ein attraktives Bewertungsniveau zurückgekommen. Kann das Management rund um CEO Knirsch liefern und die Wachstumsstrategie konsequent umsetzen, sollte die Aktie wieder in Richtung Rekordhoch bei 18,20 Euro durchstarten.