FRANKFURT (dpa-AFX) - So schnell kann sich der Wind an den Börsen drehen. Noch nicht einmal zwei Wochen ist es her, dass die scharfe Korrektur an den internationalen Aktienmärkten Topthema in den Nachrichten war. Doch in den längerfristigen Charts ist der Absturz nur noch als kleine Kerbe erkennbar. Längst hat der deutsche Leitindex Dax
Damit präsentieren sich die Börsen so launisch wie das Wetter, das in den vergangenen Wochen zwischen Gewitter und strahlendem Sonnenschein schwankte. Die Gründe für den raschen Wechsel sind die Weltkonjunktur im Allgemeinen und die US-Wirtschaft im Besonderen. Trieb deren Entwicklung den Marktteilnehmern kürzlich noch die Sorgenfalten auf die Stirn, ist nun Zagen der Hoffnung gewichen.
"Die zuletzt veröffentlichten Daten schoben die Sorgenwolken rund um die US-Konjunktur beiseite", schreibt die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) in einem Kommentar. Fast schon euphorisch wurden zuletzt jegliche Signale aufgenommen, dass die US-Wirtschaft nicht in die Rezession abdriftet und die Inflation nachlässt. Zunächst hätten Preisdaten gezeigt, dass der Trend bezüglich des Rückgangs der Inflationsrate intakt sei, heißt es dazu von LBBW. Dann hätten die US-Konsumenten einmal mehr bewiesen, dass auf sie Verlass ist.
Doch ist damit wirklich schon wieder eitel Sonnenschein angesagt? Nicht ganz. Denn wie eine Schwalbe noch keinen Frühling macht, läuten ein paar Konjunkturdaten noch keine Hausse ein. Die Experten der LBBW betonen, dass lediglich die Ausgangslage vor dem Kurseinbruch wieder hergestellt sei - und damit eine ganze Reihe ungelöster Fragen weiterhin bestehe.
"Die hohen Bewertungen in den USA mahnen zur Vorsicht, der US-Wahlkampf bringt Unsicherheit, geopolitische Risiken sind besonders hoch, und die Konjunktur im Euroraum, vor allem in Deutschland lahmt", so die Experten. Hinzu komme die für den Aktienmarkt traditionell ungünstige saisonale Phase.
Auch Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank, rät zur Vorsicht: "Trotz der zuletzt günstigen Signale bewegt sich die Kerninflation in den USA, die besonders die Preisdynamik bei Dienstleistungen abbildet, hartnäckig über der Drei-Prozent-Schwelle". Daher gelte der Blick in der kommenden Woche besonders den anstehenden Konjunkturdaten und dem Treffen von Zentralbankern in Jackson Hole. "Notenbanker und Ökonomen aus aller Welt kommen dort zusammen, um ihre Einschätzungen zur weiteren geldpolitischen Entwicklung zu präsentieren", schrieb Kater.
Auch die Einkaufsmanager-Indizes für den Euroraum am Donnerstag könnten Akzente setzen. Angesichts der jüngsten Frühindikatoren sollte die Erwartungen an die Daten nicht zu hoch angesetzt werden, warnt Kater: "Die Industrie fällt als Wachstumsmotor weiterhin aus und der gut laufende Dienstleistungssektor reicht für eine hohe Konjunkturdynamik alleine nicht aus."
Der Dax könnte daher mit seiner jüngsten Erholung das Potenzial weitgehend ausgeschöpft haben. Dies gilt um so mehr, als der Index die entscheidende Hürde noch nicht übersprungen hat. "Eine besondere Bedeutung kann im Dax nun dem Widerstand bei 18.600 Punkten beigemessen werden", heißt es vom Handelshaus CMC Markets. "Dort begann der ganze Spuk, der den Index in der Spitze um über 1.500 Punkte einbrechen ließ."
Immerhin: Sollte es gelingen, diese Marke zu überwinden, würde sich die technische Lage merklich aufhellen. Angesichts der bestehenden Risiken sollten Anleger aber auch das gegenteilige Szenario im Kopf behalten. "Übertriebener Optimismus könnte wieder in eine Korrekturwelle führen, wie sie gerade über die Aktienmärkte geschwappt ist", so Kater./mf/la/he
--- Von Michael Fuchs, dpa-AFX ---
Quelle: dpa-AFX