(Überflüssiger Buchstabe in der Überschrift gestrichen.) (Neu: Aufmachung, Kurs, Analysten, Östberg zu Medikamentlieferungen)
BERLIN (dpa-AFX) - Nach einem Jahr mit kräftigem Wachstum hat der Lieferdienst Delivery Hero
Die seit einiger Zeit unter Druck stehende Aktie brach weiter ein. Der Börsenwert sackte in der Spitze um fast ein Viertel ab - oder absolut gesehen um fast 4,1 Milliarden - und lag zuletzt bei nur noch knapp 12,7 Milliarden Euro. Zu den besten Zeiten war das Unternehmen mal mehr als 36 Milliarden Euro wert. Die Aktie entfernt sich damit immer weiter ihrem Rekordhoch von vor gut einem Jahr: Anfang Januar war ein Papier noch 145,40 Euro wert. Seit Mitte November vergangenen Jahres geht es bergab für den Delivery-Hero-Kurs.
Rechnerisch ergibt das beim operativen Verlust eine Spanne von 440 Millionen Euro bis 540 Millionen Euro. Der Gesamtumsatz der Segmente soll zwischen 9,5 und 10,5 Milliarden Euro liegen. Bei diesem Ausblick ist allerdings die geplante Übernahme des spanischen Lieferdienstes Glovo noch nicht enthalten. Nach Unternehmensangaben hatten zu Ende Januar mehr als 95 Prozent der Glovo-Aktionäre ihre Aktien gegen Delivery-Hero-Anteile anstelle von Geld getauscht. Der Deal soll noch im zweiten Quartal abgeschlossen sein.
Auch das Langfristziel eines Bruttowarenwertes von 200 bis 350 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030 konnte die Anleger nicht überzeugen. Wie bereits bekannt, will Delivery Hero über kurz oder lang davon 5 bis 8 Prozent als Betriebsergebnis in der Bilanz sehen.
Mit der Zielmarke für den Bruttowarenwert 2022 liege Delivery Hero um sechs Prozent unter der Markterwartung, schrieb Jefferies-Analyst Giles Thorne in einer ersten Reaktion. Der Mittelwert der in Aussicht gestellten Prognosespanne für den bereinigten operativen Gewinn (Ebitda) würde die Konsensschätzung sogar noch kräftiger verfehlen. Die Zunahme der Aufträge habe sich im vierten Quartal unterdessen im Verhältnis zum dritten Quartal nahezu halbiert. Der Kurs des Essenslieferdienstes - wie auch das ganze Branchenumfeld - stehe auf besonders wackeligen Beinen, schrieb Thorne.
Die Erfolgsgeschichte des Unternehmens sei mittlerweile vor Herausforderungen gestellt, schrieb Andrew Ross von der Investmentbank Barclays. Delivery Hero agiere in einem Umfeld, in welchem "der Markt stark wachsende, aber verlustreiche Anlagen nicht mehr liebt". Nun komme es vor allem darauf an, dass das Unternehmen im Verlauf des zweiten Halbjahres die Profitabilität hochfahren kann.
2021 hatte Delivery Hero dagegen die Erwartungen von Analysten an den Bruttowarenwert (GMV) übertroffen. So zog der Wert im Vergleich zum Vorjahr um 62 Prozent auf gut 35 Milliarden Euro an. Damit erreichte Delivery Hero auch etwas mehr als das, was der Konzern selbst in Aussicht gestellt hatte. Der um Sondereffekte bereinigte Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) stieg um fast ein Drittel auf 781 Millionen Euro.
Da der Verlust nicht so stark anzog wie der Bruttowarenwert verbesserte sich auch die Marge um 0,5 Prozentpunkte auf minus 2,2 Prozent. Im laufenden Jahr peilt der Konzern weiter ein kräftiges Plus beim Bruttowarenwert und einen niedrigeren operativen Verlust an. Die Prognosen für 2022 liegen im Rahmen der Analystenerwartungen.
Der Umsatz ohne Berücksichtigung von Gutscheineffekten (Segmentumsatz) stieg konzernweit um 89 Prozent auf 6,6 Milliarden Euro, was im Rahmen der eigenen Prognose lag. In den Zahlen ist der südkoreanische Zukauf Woowa inkludiert. Den überwiegenden Teil des Bruttowarenwertes macht das Berliner Unternehmen mit Bestellungen in Asien, die rund zwei Drittel des Gesamtbetrags im vierten Quartal ausmachten.
Nur einen Bruchteil davon macht Delivery Hero in Europa und seinen amerikanischen Geschäften. Das zeigt sich auch beim Segmentumsatz, bei dem Transaktionen in Asien in den Monaten bis Dezember die Hälfte des Gesamtwertes ausmachten. In Deutschland hat der Dax-Konzern kein operatives Geschäft mehr, nachdem er dieses vor einiger Zeit an den Konkurrenten Just Eat Takeaway
Von Deutschland will der Chef auch erstmal seine Finger lassen. Eine Beteiligung oder Übernahme von Medizin-Lieferdiensten etwa wie First A oder Mayd schloss Östberg zunächst aus. "Wir haben dazu keine Pläne", sagte er in einer Konferenz mit Journalisten. In anderen Teilen der Welt könnten Kunden hingegen bereits Medikamente über die jeweiligen Apps bestellen. Den Geschäftsbericht 2021 mit Angaben zum Nettoverlust sowie Zahlen für das erste Quartal des laufenden Jahres will der Vorstand am 28. April vorlegen./ngu/zb/mis
Quelle: dpa-AFX