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WDH/GESAMT-ROUNDUP 2: Weimer trimmt Deutsche Börse auf Wachstum - Milliardendeal

WDH/GESAMT-ROUNDUP 2: Weimer trimmt Deutsche Börse auf Wachstum - Milliardendeal
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18.11.2020 ‧ dpa-Afx

(Im ersten Absatz wurde im letzten Satz korrigiert: drittbester.)

FRANKFURT (dpa-AFX) - Großer Tag für den jetzt seit knapp drei Jahren amtierenden Deutsche-Börse-Chef Theodor Weimer. Pünktlich zu dem seit längerem mit Spannung erwarteten Investorentag zur weiteren Strategie kann er endlich auch einen Milliardendeal präsentieren. Mit dem US- Aktionärsberater Institutional Shareholder Services (ISS) soll das Geschäft mit Daten ausgebaut werden. Für 80 Prozent an dem Unternehmen legen die Frankfurter rund 1,5 Milliarden Euro auf dem Tisch. Dies teilte die Deutsche Börse am Dienstagabend mit - am Mittwoch legte Weimer dann mit der Prognose eines zweistelligen Erlös- und Gewinnwachstums in den kommenden Jahren nach. An der Börse kamen die Nachrichten insgesamt gut an - die Aktie ging mit einem Aufschlag von 2,40 Prozent als drittbester Dax -Wert aus dem Handel

"Wir setzen unsere Strategie des kontinuierlichen organischen Wachstums fort und haben vor, das akquisitorische Wachstum eher noch zu beschleunigen", sagte Weimer am Mittwoch bei der Vorstellung der neuen Strategie mit dem Namen "Compass 2023". "Die langfristigen Trends an den Finanzmärkten unterstützen unser solides Wachstum. Sie werden durch Corona nicht wirklich berührt. Corona hat für uns eher zyklischen Charakter. Unsere 10-Prozent-Wachstumsformel heißt: 10 Prozent Wachstum pro Jahr, sowohl bei Umsatz als auch Gewinn über den Zeitraum 2020 bis 2023."

Als 2023er-Umsatzziel nannte Weimer einen absoluten Wert von rund 4,3 Milliarden Euro. Der Umsatzanstieg soll rund zur Hälfte aus Übernahmen (M&A) kommen. Beim Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) wurde kein absolutes Ziel genannt. Ausgehend vom 2019er-Referenzwert, dem angepeilten Plus von zehn Prozent pro Jahr und der Aussage, dass die Marge stabil bleiben soll, ergibt dies 2023 einen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von knapp 2,5 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Im Jahr vor Weimers Start setzte die Deutsche Börse knapp 2,5 Milliarden Euro um und verdiente dabei operativ 1,5 Milliarden Euro.

Um das organische Wachstum zu ermöglichen, will die Deutsche Börse auch weiter investieren. Deshalb wird ein Anstieg der operativen Kosten erwartet. Zu den wichtigsten Wachstumstreibern zählen demnach aktuelle Kapitalmarkttrends wie die Entwicklung vom außerbörslichen zum börslichen Handel, die unter der Abkürzung ESG (Environment, Social, Governance) zusammengefassten Nachhaltigkeitstrends bei Anlageentscheidungen, die zunehmende Bedeutung von Anlageentscheidungen institutioneller Investoren (Buy-Side), passive Investments und die Digitalisierung des Finanzsektors.

"Während das organische Wachstum der Nettoerlöse durch ein breites Spektrum von Initiativen in allen Geschäftsbereichen vorangetrieben wird, zielt das Wachstum durch M&A auf sechs Bereiche ab: Index und Analytik, ESG, Rohstoffe, Devisen, festverzinsliche Wertpapiere und Investment Fund Services", sagte Weimer. "Beim M&A-Wachstum werden wir aber immer auch ein Augenmerk auf eine hohe Profitabilität legen - das liegt in unserer DNA." Weimer kann sich dabei auch einen größeren Deal mit einem Volumen von fünf Milliarden vorstellen, schließt aber einen Zusammenschluss mit einem anderen großen Börsenbetreiber weiter aus.

Die am Dienstagabend angekündigte Übernahme des Datenanbieters und Stimmrechtsberaters ISS mit seinen 4000 Kunden passt in die Strategie Weimers. Gemessen am Jahresumsatz von mehr als 280 Millionen US-Dollar wird ISS weniger als zehn Prozent zum Umsatz beisteuern. Das bis 2023 prognostizierte organische Erlösplus von durchschnittlich mehr als fünf Prozent passt dagegen genau zu den Konzernzielen. Die um Sondereffekte bereinigte Marge auf Basis des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) bei ISS in Höhe von zirka 35 Prozent liegt deutlich unter dem Konzernwert.

Weimer sieht hier aber Potenzial durch die Milliardenübernahme, auf die er so lange hingearbeitet hatte. Zuletzt hatte er bei größeren Deals allerdings immer den Kürzeren gezogen und sich eher kleinere Fische geangelt. Mit Zukäufen vor allem außerhalb des Aktiengeschäfts oder dem dazugehörigen Derivate-Bereich will er den Konzern unabhängiger von den starken Schwankungen an diesen Märkten machen. Die Deutsche Börse ist im Vergleich zu Konkurrenten wie Euronext , die vor der Übernahme der bislang zur London Stock Exchange gehörenden italienischen Börse steht, bereits sehr breit aufgestellt.

Händler lobten den Schritt der Deutschen Börse als strategisch sinnvoll, auch wenn der Preis hoch sei. Dennoch macht der Zukauf vielen Experten zufolge Sinn, da er zu dem Ziel passe, einer der führenden ESG-Datenanbieter zu werden. Berenberg-Bank-Analyst Chris Turner sieht allerdings die Gefahr, dass neue Auflagen der US-Wertpapierbehörde SEC das Geschäft der sogenannten Stimmrechtsberater wie ISS erschweren und die Kosten wegen eines höheren Personalaufwands nach oben treiben könnten. Zuletzt beschäftigte das 1985 gegründete Unternehmen fast 2000 Mitarbeiter.

Weimer ist es in den vergangenen knapp drei Jahren gelungen, den Konzern nach der turbulenten Phase unter dem früheren Chef Carsten Kengeter zu beruhigen. In der Amtszeit seines Vorgängers war die Fusion mit London Stock Exchange (LSE) geplatzt, zudem hatte es Insidervorwürfe gegeben. Am Finanzmarkt wird Weimers Kurs bisher honoriert. Der Börsenwert zog in seiner Amtszeit trotz einer Schwächephase in den vergangenen Wochen um 40 Prozent auf rund 26 Milliarden Euro an.

Damit zählt die Deutsche-Börse-Aktie in diesem Zeitraum zu den erfolgreichsten deutschen Standardwerten. International gesehen sieht es aber nicht so gut aus. Die LSE-Aktie legte in diesem Zeitraum um mehr als 100 Prozent zu. Der Londoner Börsenbetreiber, der kurz vor der 27 Milliarden Dollar teuren Übernahme des Datenanbieters Refinitiv steht, wird derzeit umgerechnet mit 32 Milliarden Euro bewertet. US-Börsenbetreiber wie CME oder Intercontinental Exchange spielen mit umgerechnet 51 Milliarden Euro beziehungsweise 48 Milliarden Euro noch mal in einer anderen Liga./zb/men/he/he

Quelle: dpa-AFX

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