BERLIN (dpa-AFX) - In der Paket- und Logistikbranche gibt es aus Sicht der Gewerkschaft Verdi noch immer große Missstände, die von der neuen Bundesregierung dringend angegangen werden sollten. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse hätten "ein unerträgliches Maß angenommen", sagte die Verdi-Vizevorsitzende Andrea Kocsis am Freitag in Berlin nach einem Treffen der Arbeitnehmervertreter der deutschen Paketdienstleister.
Als Negativbeispiel verwies Kocsis auf das Ergebnis von Razzien der Bundespolizei und des Zolls am vergangenen Mittwoch in zwölf Bundesländern, vor allem in Brandenburg und Berlin. Insgesamt 20 Beschuldigten wird nun vorgeworfen, mithilfe von gefälschten Papieren Menschen aus der Ukraine und Moldawien illegal als EU-Bürger ausgegeben und sie über eigene Leiharbeitsfirmen an Logistikzentren vermittelt zu haben. Nach Angaben der Ermittler liegt der Verdacht nahe, dass bis zu 1000 Menschen auf diese Weise hierzulande in den Arbeitsmarkt gelangt seien. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hätten "unter ärmlichsten Bedingungen gelebt", sagte Kocsis.
Losgelöst von den jüngsten Razzien sagte die Gewerkschafterin mit Blick auf die Paketbranche, dass es viel zu häufig Verletzungen des Mindestlohns gebe und die Arbeitszeiten zu lang seien. Es gebe "viel Arbeit, Stress und extreme psychische Belastung". Kocsis forderte eine Stärkung des Zolls, um schärfer zu kontrollieren und Rechtsbrüche aufzudecken. "Die Arbeit des Zolls muss nicht nur vereinfacht, sondern deutlich ausgeweitet werden", sagte sie.
Dass ein Großteil der Branche bei der Zustellung auf Subunternehmer setzt, ist Verdi ein Dorn im Auge - aus Sicht der Gewerkschaft sind Jobs direkt beim Paketdienstleister besser und sicherer.
Der Bundesverband Paket & Expresslogistik (Biek) betonte in einer Reaktion auf die Verdi-Kritik, dass "faire Arbeitsbedingungen, die Sicherung hoher Sozialstandards und ein gutes Arbeitsumfeld [...] zentrale Faktoren für unsere Mitgliedsunternehmen" seien. Hinweise auf konkrete Missstände bei den Vertragspartnern - also den Subunternehmern - gingen die Paketdienstleister nach, Rechtsverstöße würden nicht toleriert./wdw/DP/stw
Quelle: dpa-AFX