BERLIN (dpa-AFX) - Die Ukraine geht fest davon aus, dass demnächst weitere deutsche Waffenlieferungen in die Ukraine verkündet werden. "Im direkten Gespräch wurden uns mehr Waffen und weitere Munition zugesichert. Welche, werden wir zu gegebener Zeit gemeinsam bekanntgeben", sagte der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev der "Welt am Sonntag". An der Front würden dringend weitere Flugabwehrsysteme, Panzerhaubitzen, Geparde und Munition gebraucht. "Außerdem sind wir weiter im Gespräch über die Lieferung von Marder- und Leopard-Panzern", sagte der Botschafter. Die Entscheidung darüber liege aber bei der Bundesregierung.
USA haben nichts gegen Lieferung von deutschen Leopard-2-Panzern
Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Lieferung von Leopard-2-Panzern bislang mit der Begründung abgelehnt, dass noch kein anderes Nato-Land solche Panzer zur Verfügung stellt. Es werde keine Alleingänge geben, hat er immer wieder betont. Der wichtigste Bündnispartner USA hat allerdings nun grünes Licht für die Lieferung deutscher Kampfpanzer gegeben. "Es ist Deutschlands Entscheidung", sagte US-Vizeaußenministerin Wendy Sherman während eines Deutschland-Besuchs in Berlin. Die Top-Diplomatin führte am Freitag Gespräche im Kanzleramt und im Auswärtigen Amt.
Deutschland hat seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine bislang Waffen, Munition und militärische Ausrüstung im Wert von fast zwei Milliarden Euro an die Ukraine geliefert, darunter das Flugabwehrsystem Iris-T, das eine ganze Stadt vor russischen Luftangriffen schützen kann. Deutschland habe bei den Waffenlieferungen nach vielen Monaten eine "Führungsrolle" eingenommen, sagte Makeiev. Er wolle erreichen, dass nun das, was die Bundesregierung noch zur Verfügung stellen könne, schnell geliefert werde. "Denn wir haben keine Zeit, um länger auf Waffen zu warten."
Estland fordert mehr Waffenlieferungen von Verbündeten
Auch die estnische Regierungschefin Kaja Kallas drängt Deutschland und andere Bündnispartner zu weiteren Waffenlieferungen in die Ukraine. "Ich fordere alle Verbündeten einschließlich Deutschland dringend auf, alles in die Ukraine zu schicken, das sie braucht, um sich zu verteidigen", sagte die Ministerpräsidentin der Deutschen Presse-Agentur. "Wenn alle Verbündeten schon im Januar oder Februar Waffen geschickt hätten, wären viele Menschenleben gerettet worden." Zur Frage, ob Deutschland auch Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 in die Ukraine schicken sollte, sagte Kallas: "Es ist Sache jedes einzelnen Landes zu sagen, was es zur Verfügung stellen kann und was nicht."
Die Ukraine fordert von Deutschland seit Monaten die Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern. Die Bundesregierung hat aber bisher keine Bewegung bei dem Thema erkennen lassen. Erst am Freitag bekräftigte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann, dass es keine Alleingänge geben werde. Sie betonte auch, dass man sich von den USA nicht unter Druck gesetzt fühle. "Es gab nie ein Drängen der amerikanischen Seite oder etwa eine Bitte, Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 zu liefern."
Ex-Nato-Chef Rasmussen: "Kanzler Scholz, worauf warten Sie noch?"
Der frühere Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sprach sich in einem Beitrag für den "Tagesspiegel" klar für die Lieferung deutscher Kampfpanzer in die Ukraine aus. "Die deutsche Regierung hat zu lange gezögert. Sie hat sich hinter der Tatsache versteckt, dass die USA keine Panzer geschickt haben." Das mache keinen Sinn, schreibt Rasmussen. "Militärexperten in der Ukraine, den USA und Europa sind sich einig, dass der deutsche Panzer Leopard 2 am besten für die Bedingungen vor Ort geeignet ist. Aufgrund der vorhandenen Logistik- und Reparaturinfrastruktur in Europa ist er auch die praktischste Lösung."
Da mehrere europäische Länder Leopard-Panzer besäßen, könnte eine von Deutschland geführte Koalition diese Panzer bereits jetzt entsenden, um eine ukrainische Offensive im Frühjahr vorzubereiten, meint der Däne Rasmussen. "Die US-Regierung hat deutlich gemacht, dass sie diese Idee unterstützt. Kanzler Scholz, worauf warten Sie noch?"/mfi/kli/DP/jha
Quelle: dpa-AFX