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Streit um Hafenterminal in Hamburg - China dringt auf Zusammenarbeit

Streit um Hafenterminal in Hamburg - China dringt auf Zusammenarbeit
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23.10.2022 ‧ dpa-Afx

HAMBURG/BERLIN/PEKING (dpa-AFX) - Im Streit um den vor mehr als einem Jahr vereinbarten Einstieg Chinas bei einem Containerterminal im Hamburger Hafen dringt Peking auf deutsch-chinesische Zusammenarbeit. Seit Aufnahme diplomatischer Beziehungen vor 50 Jahren seien pragmatische Zusammenarbeit und gegenseitiger Nutzen immer Leitmotive gewesen, hieß es am Wochenende in einer Erklärung des Außenministeriums.

Beide Länder hätten an der Entwicklung des jeweils anderen intensiv teilgenommen und davon profitiert. China begrüße gegenseitig vorteilhafte Projekte, hieß es weiter in der allgemein gefassten Stellungnahme. Sowohl China als auch Deutschland sollten an Offenheit und Zusammenarbeit festhalten, um gemeinsam die gesunde und stabile Entwicklung der Wirtschafts- und Handelskooperation zu fördern. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) reist Anfang November mit einer Wirtschaftsdelegation nach China.

Im September 2021 hatten der Hamburger Hafenlogistiker HHLA und der chinesische Terminalbetreiber Cosco Shipping Ports Limited eine 35-prozentige Beteiligung der Chinesen am HHLA-Terminal Tollerort (CTT) in der Hansestadt vereinbart. Der Cosco-Konzern betreibt auch die weltweit viertgrößte Reederei, deren Containerschiffe bereits seit 40 Jahren von der HHLA am CTT abgefertigt werden.

Cosco will im Gegenzug zu der Beteiligung das CTT zu einem bevorzugten Umschlagpunkt in Europa machen. Die mehrheitlich der Hansestadt gehörende HHLA verspricht sich davon eine Stärkung des größten deutschen Seehafens, der in der Vergangenheit Boden gegenüber den größeren Konkurrenten Rotterdam und Antwerpen verloren hatte.

Das chinesische Angebot bringt den Hamburger Hafen nach Einschätzung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel) in eine schwierige Lage. "Wenn Cosco sagt, "ihr werdet zu einem bevorzugten Hafen, wenn ihr die Beteiligung annehmt", muss man natürlich die Frage stellen: Was ist, wenn diese Beteiligung nicht genehmigt wird?", sagte Rolf Langhammer vom IfW Kiel dem NDR.

Unter dem Eindruck der jüngsten Erfahrungen mit Russland und der Abhängigkeit von dessen Gaslieferungen ist indes politischer Streit entbrannt über die Frage, ob eine chinesische Beteiligung zugelassen werden soll. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warnte vor neuen Abhängigkeiten, ebenso FDP-Politiker. Der Bundeskanzler, bis 2018 Hamburger Regierungschef, betonte zuletzt, dass noch nichts entschieden sei und noch viele Fragen geklärt werden müssten. Aktuell läuft nach Angaben des Wirtschaftsministeriums eine Prüffrist bis zum 31. Oktober, innerhalb derer der Deal untersagt werden müsste. Die Frist kann allerdings verlängert werden.

SPD-Chef Lars Klingbeil sieht eine "teilweise sehr verkürzt" geführte Debatte, wenn etwa vom "Ausverkauf des Hamburger Hafens" die Rede sei. "Wenn man ein bisschen ins Detail guckt, dann sieht man in der Tat, es geht um eine Betreibergesellschaft. Es geht um eine Minderheitenbeteiligung an einem Terminal. Ich will das jetzt gar nicht runterspielen, aber (...) es geht nicht darum, dass man die Chinesen in die kritische Infrastruktur reinlässt", sagte Klingbeil im Deutschlandfunk. Dies müsse jetzt "genau geklärt" werden, dafür seien "noch ein paar Tage" Zeit. "Die Infrastruktur gehört der Stadt Hamburg und das wird so bleiben", sagte der SPD-Politiker.

CDU-Chef Friedrich Merz warnte dagegen in einer Rundmail, eine chinesische Beteiligung an der Terminalgesellschaft berühre "zutiefst die Sicherheitsinteressen unseres Landes". Ein chinesischer Staatskonzern bekäme damit "Zugang zu wesentlichen Daten des Frachtverkehrs im Hamburger Hafen. Und das exakt zu dem Zeitpunkt, an dem die Kommunistische Partei in China ihren aggressiven Ton in der Außenpolitik erneut verschärft und mit einem Krieg gegen Taiwan droht." Scholz warf er vor, auf Zeit zu spielen, bis die Frist zur Untersagung der Beteiligung auslaufe.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte den Bundeskanzler auf, den chinesischen Einstieg zu unterbinden. "Der Verkauf der Gasspeicher an Russland sollte als mahnendes Beispiel dienen. Einseitige Abhängigkeiten zu einer einzigen Region auf der Welt schaffen eigene Erpressbarkeit und ein Überlegenheitsgefühl auf der anderen Seite", sagte Dobrindt der "Welt am Sonntag". Die HHLA hat indes ausdrücklich versichert, dass Cosco mit dem Einstieg "keinerlei Zugriff auf strategisches Know-how" bekomme und dass IT- sowie Vertriebsdaten "allein in der Verantwortung der HHLA" verblieben. Aus Sicht des Unternehmens sind "in dem nunmehr seit über einem Jahr laufenden Verfahren keine sachlichen Gründe genannt worden, die gegen eine Freigabe der Investition sprechen würden".

Die Außenwirtschaftsverordnung erlaubt es dem Wirtschaftsministerium, unter bestimmten Umständen nach einer Prüfung den Einstieg eines Investors aus einem Nicht-EU-Staat bei einem deutschen Unternehmen zu untersagen, das etwa kritische Infrastruktur betreibt.

In Europa halten chinesische Unternehmen Beteiligungen an rund einem Dutzend Häfen, darunter Le Havre und Dünkirchen in Frankreich, Antwerpen und Brügge in Belgien sowie in Spanien, Italien, der Türkei und Griechenland. Für China, die größte Handelsnation der Welt, sind solche Beteiligungen ein wichtiger Teil der Infrastruktur-Initiative der "Neuen Seidenstraße", die globale Handelskorridore über Land und auf See schaffen soll./lw/DP/he

Quelle: dpa-AFX

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