WASHINGTON/SAN FRANCISCO (dpa-AFX) - Sechs Meter hohe Wellen und zerstörerischer Wind: Mit dem Hurrikan "Laura" trifft einer der bisher heftigsten Wirbelstürme auf die US-Küste im Golf von Mexiko. Mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 225 Kilometern pro Stunde wurde "Laura" als ein Hurrikan der Stärke vier von fünf eingestuft, wie das Nationale Hurrikanzentrum (NHC) am Mittwoch mitteilte. Meteorologen warnten vor massiven Zerstörungen bis tief ins Landesinnere hinein und Stromausfällen auch in benachbarten Regionen. Für ein Gebiet mit mehr als einer halben Million Einwohnern wurde die Evakuierung angeordnet.
Das Küstengebiet an der Grenze zwischen den Bundesstaaten Texas und Louisiana bereitete sich auf die Ankunft von "Laura" vor. Nachdem das Hurrikanzentrum mit außergewöhnlich scharfen Worten vor "Sturmfluten, die man nicht überleben kann" gewarnt hatte, appellierten Behörden und Politiker an die Einwohner, die Region rasch zu verlassen. Fernsehbilder zeigten, wie in den Küstenstädten Geschäfte und Wohnhäuser mit Spanholz-Platten abgesichert wurden. Der Gouverneur von Louisiana, John Edwards, betonte, dass viele Menschen vermutlich für längere Zeit in Notunterkünfte gehen müssen.
Ein Hurrikan wie "Laura" wäre schon unter gewöhnlichen Umständen eine große Herausforderung, die Corona-Krise erschwere die Situation aber zusätzlich, sagte Edwards im Nachrichtensender CNN. "Wenn wir Menschen transportieren, können wir die Busse nicht so füllen, wie wir es gerne würden." Außerdem könnten wegen der Ansteckungsgefahr große Schutzunterkünfte nicht genutzt werden. Deswegen würden Menschen stattdessen verstärkt in Hotels untergebracht.
Der Meteorologe Benjamin Schott sagte in New Orleans, einige Gegenden würden nach dem Hurrikan nicht mehr wiederzuerkennen sein. "Dass eine zwei Stockwerke hohe Wasserwand an Land kommen wird, ist für viele sehr schwer vorstellbar", sagte er. Die Fluten könnten Wasser bis zu 50 Kilometer weit ins Landesinnere bringen und große Schäden in den Städten anrichten.
Der Bürgermeister der Stadt Lake Charles in Louisiana, Nic Hunter, zeigte sich in einem Radio-Interview beunruhigt, dass nicht alle Menschen die Aufforderungen befolgten, sich in Sicherheit zu bringen. Auch Texas' Gouverneur ermahnte die Betroffenen, die Warnungen ernst zu nehmen. Oberstes Ziel bei einem Hurrikan sei, sein Leben zu schützen, sagte er dem Sender Fox News. "Eigentum kann ersetzt werden, Leben nicht."
Dort, wo "Laura" auf Land treffe, müsse mit "verheerenden Sturmschäden" gerechnet werden, warnte das Nationale Hurrikanzentrum. Auch gut gebaute Häuser könnten schwer beschädigt und Bäume entwurzelt werden. Es werde mehrere Tage oder Wochen kein Strom und kein Wasser geben. Heftige Winde und weitreichende Überflutungen könnten nicht nur auf Texas und Louisiana begrenzt bleiben, sondern etwa auch den Bundesstaat Arkansas betreffen.
"Laura" hatte über ungewöhnlich warmem Meerwasser rasch an Kraft gewonnen und wurde innerhalb weniger Stunden von Kategorie zwei in Kategorie vier hochgestuft. Damit ist "Laura" der erste sehr starke Hurrikan der Saison.
Die US-Klimabehörde NOAA rechnet damit, dass 2020 ein Rekordjahr für Wirbelstürme werden könnte. Erwartet werden 19 bis 25 Stürme, von denen sieben bis elf Hurrikans werden könnten, drei bis sechs sogar sehr starke mit Windgeschwindigkeiten von 178 Stundenkilometer und mehr. In durchschnittlichen Jahren gibt es an der Atlantikküste zwölf Stürme, von denen sich drei zu Hurrikans der Kategorie drei, vier oder fünf entwickeln. Die Wirbelsturm-Saison endet Ende November./so/lkl/DP/zb
Quelle: dpa-AFX