DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Weil die Gaslieferungen aus Russland zuletzt drastisch gesunken sind, gerät der Kraftwerksbetreiber Uniper
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Uniper müsse jetzt um eine Rettung durch den deutschen Steuerzahler bitten, kommentierte ein Händler. Die Warnung verdeutliche, wie kritisch, wenn nicht gar gefährlich die gegenwärtige Situation sei, sollte die Feststellung und Bekanntgabe der Gasmangellage durch die Bundesnetzagentur nicht bald erfolgen.
Uniper geht davon aus, dass in diesem Fall die derzeitigen Belastungen dann teilweise an die Kunden weitergegeben werden können. Derzeit ist dies noch nicht möglich. Seit Mitte Juni erhält Uniper nach eigenen Angaben nur noch 40 Prozent der vertraglich zugesicherten Gasmengen von Gazprom und muss Ersatzmengen zu deutlich höheren Preisen beschaffen.
Mehr als 50 Prozent der langfristigen Lieferverträge habe Uniper mit Russland abgeschlossen, eine Quelle, die nun austrockne, verdeutlichte Analyst Guido Hoymann vom Bankhaus Metzler die Situation. Alberto Gandolfi von der US-Investmentbank Goldman Sachs dabei rechnet vor, dass die zusätzlichen Ersatzkäufe am Markt Uniper potenziell rund 500 Millionen Euro für einen vollen Monat kosten könnten.
"Wir hatten bereits Ende letzten Jahres durch die enorm gestiegenen Gaspreise einen signifikant gestiegenen Liquiditätsbedarf", erläuterte Vorstandschef Klaus-Dieter Maubach am Vorabend den Schritt, den Bund um Hilfe zu bitten. "Um diesem zu begegnen, hatten wir bereits unsere Kreditlinien erweitert und unter anderem eine Fazilität der staatlichen KfW in Höhe von zwei Milliarden Euro erhalten, die wir bis heute nicht in Anspruch genommen haben."
Jetzt habe sich die Entwicklung durch den Krieg in der Ukraine und die in der Folge stark reduzierten Gaslieferungen aus Russland "spürbar verschlechtert", führte Maubach aus. "Daher sprechen wir jetzt mit der Bundesregierung erneut über Stabilisierungsmaßnahmen, für die eine Reihe von Instrumenten infrage kommen, wie zum Beispiel Garantie- und Sicherheitsleistungen, Erhöhung der aktuellen Kreditfazilität bis hin zu Beteiligungen in Form von Eigenkapital." Eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bestätigte am Donnerstag Gespräche.
JPMorgan-Analyst Vincent Ayral schätzt, dass Uniper durch die geringeren Gasliefermengen 20 Millionen Euro pro Tag verliert und es nur wenige Monate dauern werde, bis das Unternehmen den bereits gewährten KfW-Kredit in Anspruch nehmen müsse. Dazu komme, dass viele kommunale Energieversorger keine so robuste Bilanz wie Uniper und damit nicht so viel Zeit hätten.
Der Analyst geht davon aus, dass die Regierung derzeit noch an den Details arbeite, wie die Energieunternehmen die hohen Kosten weitergeben könnten - und dass die Bundesnetzagentur aus diesem Grunde noch nicht die "Gasmangellage" erklärt habe. Dies sei auch aus dem Grund heikel, da es viele Auswirkungen auf die Wirtschaft haben dürfte. Ayral geht davon aus, dass eine Entscheidung jedoch eher eine Frage von Tagen oder Wochen ist, nicht von Monaten.
Uniper setzte am Vorabend zudem die bisherige Ergebnisprognose aus. Im ersten Halbjahr dürften die operativen Gewinne auf Basis vorläufiger Zahlen auch deutlich unter denen des Vorjahreszeitraums liegen, hieß es. Vor einem Jahr hatte Uniper in den ersten sechs Monaten vor Zinsen, Steuern und Sondereffekten 580 Millionen Euro verdient. Das bereinigte Nettoergebnis belief sich damals auf 485 Millionen Euro.
Bereits im ersten Quartal hatte Uniper wegen seines starken Russland-Engagements einen Verlust von über drei Milliarden Euro verzeichnet. Das lag vor allem an Wertberichtigungen infolge der internationalen Sanktionen gegen Russland. Die Abschreibungen betrafen vor allem Unipers russische Tochtergesellschaft Unipro und das Darlehen des Konzerns an die Nord Stream 2 AG. Uniper hatte den Kredit für die vom russischen Energiekonzern Gazprom mitfinanzierte Ostsee-Pipeline vollständig abgeschrieben./nas/men/brd/zb/stk
Quelle: dpa-AFX