HANNOVER/MÜNCHEN (dpa-AFX) - Frühlingszeit gleich Autozeit - das gilt diesmal nur eingeschränkt. Zumindest in Deutschland. Während es viele Menschen nach dem Ende der dunklen Tagen normalerweise in größerer Zahl zum Händler oder zu Ausstellungen mit neuen Modellen zieht, fällt die sogenannte Frühjahrsbelebung 2021 bisher verhalten aus.
Noch scheinen die Corona-Folgen hierzulande nicht überwunden. Im März legten die Zulassungen neuer Pkw - ausgehend vom geringen Vorjahresniveau - zwar wieder zu. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) sprach von "positiven Vorzeichen". Über das gesamte erste Quartal hinweg ist der Trend jedoch schwach, Vorsicht bei den Konsumausgaben und oft geschlossene Autohäuser prägen das Bild.
Anders ist die Lage inzwischen in anderen Ländern: Im weltweiten Geschäft konnte die deutsche Kernbranche schon viel Boden gutmachen. BMW
Das Bild ist derzeit extrem gemischt. Während die Autokonjunktur vor allem in China anzieht und die Hersteller zur aktuellen Messe in Shanghai ehrgeizige neue Ziele formulieren, halten Lockdowns und regional starke Unterschiede beim Impfen die Unsicherheit auf dem Heimatkontinent hoch. Peter Fuß, Branchenbeobachter bei der Beratungsfirma EY, mahnte kürzlich zur Vorsicht: "Die erhoffte Erholung auf dem EU-Neuwagenmarkt lässt weiter auf sich warten. Es gibt zaghafte Erholungstendenzen, aber keine Trendwende."
In Deutschland ist die Entwicklung nach wie vor durchwachsen. Selbst BMW verbuchte hier im Startquartal einschließlich der Tochter Mini ein - wenngleich nur noch leichtes - Minus von 0,3 Prozent, während sich das Geschäft der Münchner in China beinahe verdoppelte. Bei der Daimler-Hauptmarke Mercedes-Benz betrug der Rückgang in der Bundesrepublik 15,4 Prozent, demgegenüber stand ein Plus von mehr als 60 Prozent im Reich der Mitte. Der VW
Die großen Drei zehren von ihrer jahrzehntelang aufgebauten Präsenz in der Volksrepublik, dem wichtigsten Automarkt der Welt. Laut einer EY-Analyse schnitten sie trotz erheblicher Einbußen 2020, die dort besonders im ersten Quartal angefallen waren, immer noch besser ab als Wettbewerber von anderswo. Und auch im Vergleich der Märkte selbst zeigte sich China stark: Betrachtet man die 17 größten Autokonzerne des vorigen Jahres, sank der Gesamtabsatz von Pkw in dem Land nur um 4 Prozent - in den USA (14 Prozent) und in Westeuropa (25 Prozent) fielen die Rückgänge wesentlich größer aus.
Der deutsche Branchenverband VDA sieht eine "essenzielle" Bedeutung der chinesischen Verkäufe und Marktanteile für die heimischen Unternehmen. "Sie sichern und schaffen Arbeitsplätze in Deutschland." Auch die nötigen Investitionen in alternative Antriebe und in den Klimaschutz wären ohne die China-Gewinne schwieriger zu stemmen.
In den betriebswirtschaftlichen Kennziffern schlägt sich das rasche Aufholen im Corona-Ursprungsland ebenfalls nieder. BMW verdiente im Startquartal nach vorläufigen Zahlen vor Steuern fast 3,8 Milliarden Euro. Bei Daimler waren es vor Sondereffekten, Zinsen und Steuern knapp fünf Milliarden Euro. VW will spätestens Anfang Mai Daten vorlegen, für das besonders konjunktursensible Geschäft der schweren Nutzfahrzeuge meldete die Tochter Traton
Freilich spielt bei alldem das niedrigere Ausgangsniveau des Vorjahres eine Rolle. Der ganz große Einbruch in Europa kam 2020 aber erst im zweiten Quartal, als ganze Autowerke zeitweise dicht waren.
Insgesamt sind die Hersteller derzeit dennoch eher wenig auf Rabatte angewiesen, um Käufer anzulocken. BMW verwies auf Preiseffekte und ein großes Interesse an Gebrauchtwagen, die zu den überraschend guten Ergebnissen beigetragen hätten. Ein hohes Preisniveau für gebrauchte Autos senkt nicht nur den Druck auf die Neuwagenpreise, sondern ist auch in der Restwertberechnung von Leasing-Rückläufern von Vorteil.
Ob nach dem zweiten Corona-Frühjahr vielleicht ein Auto-Sommer folgen kann, bleibt abzuwarten - und dürfte vom Erfolg der Impfkampagne abhängen. Das Münchner Ifo-Institut glaubt: "Bei den Autobauern ist der Frühling angekommen." Aber die Zuversicht so manchen Managers sei in Umfragen zuletzt wieder getrübt gewesen. EY-Mann Fuß gibt sich für die kommenden Wochen gleichfalls noch skeptisch: "Inzwischen steigt sogar die Wahrscheinlichkeit, dass neue, schärfere Einschränkungen eingeführt werden, die sich auch negativ auf den Absatz auswirken würden." Wohl ab Mitte des Jahres gebe es dann "Grund zur Hoffnung"./jap/DP/stw
Quelle: dpa-AFX