BONN/MONTABAUR (dpa-AFX) - Im Streit zwischen den Telekommunikationskonzernen 1&1
Der Jurist bezieht sich hierbei auf den schleppenden Netzausbau von 1&1, das 2019 erstmals eigenes Mobilfunkspektrum ersteigert hatte und die Frequenzen für sein eigenes Netz nutzen will. Damit bekommen die bisherigen Netzbetreiber Telekom, Vodafone und Telefónica (O2) Konkurrenz. Doch bei dem Vorhaben ist der Neueinsteiger mächtig in Verzug: Statt Ende vergangenen Jahres 1000 eigene 5G-Antennenstandorte in Betrieb zu haben, waren es nur 5. Auch in diesem Jahr verlief der weitere Netzausbau schleppend.
Woran lag das? Bei der Beantwortung dieser Frage zeigte 1&1 auf seinen Vertragspartner Vantage Towers
Hatten die Düsseldorfer etwa ihren Einfluss geltend gemacht, um den aufstrebenden Konkurrenten aus Montabaur (Rheinland-Pfalz) auszubremsen? Dieser Frage geht das Kartellamt nun nach. Bereits im Februar hatte sich 1&1 bei den Wettbewerbshütern beschwert, danach hielt sich die Behörde zunächst bedeckt und führte gewissermaßen eine Vorprüfung durch. Mit der öffentlichen Bekanntgabe des Missbrauchsverfahrens folgt nun der nächste Schritt. Wohin die Reise geht - ob die Behörde 1&1 recht gibt oder nicht - ist zwar noch völlig offen. Fakt ist aber auch, dass die Vorwürfe für so plausibel befunden werden, dass das Verfahren bekanntgegeben wird.
Eine 1&1-Sprecherin begrüßte das Vorgehen des Kartellamts: "Die Untersuchung durch die Behörde wird nun Klarheit und Transparenz schaffen." Vantage Towers und Vodafone wiesen beide den Vorwurf der Behinderung zurück. "Als neutraler und unabhängiger Host bieten wir allen unseren Kunden einen offenen Zugang zu unserer passiven Infrastruktur", sagt eine Vantage-Sprecherin. Man werde "die Gründe für etwaige Verzögerungen ausführlich darlegen". Beide Firmen betonten, in dem Verfahren mit der Behörde zu kooperieren.
Nicht weit entfernt vom Kartellamt liegt in Bonn eine andere Bundesbehörde, die sich ebenfalls mit dem vierten deutschen Handynetz befasst: Bei der Bundesnetzagentur läuft ein Bußgeldverfahren gegen 1&1, weil die Ausbaupflicht für besagte 1000 5G-Standorte zum Jahreswechsel 2022/23 sehr deutlich verfehlt wurde. Zu einer Zahlung von fast 50 Millionen Euro könnte der Telekommunikationskonzern verdonnert werden.
Das Kartellamtsverfahren ist rechtlich gesehen zwar ein anderer Strang als das Bußgeldverfahren der Netzagentur, die Aufsichtsbehörde dürfte das Vorgehen der Wettbewerbshüter dennoch mit Interesse beobachten. Denn klar ist: Sollte Vodafone dem Konkurrenten 1&1 tatsächlich ein Bein gestellt haben, könnte das die geforderte Bußgeldsumme absenken - oder sie entfällt sogar komplett./wdw/DP/ngu
Quelle: dpa-AFX