MAILAND (dpa-AFX) - Die steigenden Zinsen spielen auch dem italienischen Geldhaus Unicredit
Der russische Angriffskrieg gegen das Land hatte die Aktie nach dem Mitte-Februar erreichten Mehrjahreshoch von fast 16 Euro auf 7,75 Euro stürzen lassen. Die Bank gehört in Europa zu den Instituten mit einem besonders starken Engagement in Russland. In den vergangenen Monaten fiel es dem Kurs schwer, sich nachhaltig von dem Rutsch zu erholen. Seit Anfang Oktober gibt es aber einen Aufwärtstrend. Diesen setzte die Aktie mit den Gewinnen vom Mittwoch fort.
Eine gute Geschäftsdynamik, ein günstiges Zinsumfeld, Kostendisziplin und niedrige Risikokosten sind laut Institutschef Andrea Orcel die Treiber der Ergebnisentwicklung. Diese seien mehr wert, als jede Akquisition der Bank einbringen könnte, sagte er in einem Fernsehinterview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg angesprochen auf eine potenzielle Übernahme der kleineren Konkurrentin Monte dei Paschi di Siena
Orcel hatte bereits vor einem Monat angekündigt, die Prognose wegen der steigenden Zinsen zu erhöhen. Jede Zinsanhebung um einen Prozentpunkt bringe der Unicredit etwa eine Milliarde Euro an zusätzlichen Erträgen, hieß es damals. Entsprechend verhalten zeigte sich nun Analystin Delphine Lee von der US-Bank JPMorgan. Eine Anhebung der Jahresziele sei weitgehend erwartet worden, schrieb sie. Die vorgelegten Zahlen wertete sie als gemischt.
Ihr Kollege Ignacio Cerezo von der Schweizer Großbank UBS zeigte sich von der Kernkapitalquote positiv überrascht. Diese beschreibt die durch Eigenmittel gedeckten Risikopositionen einer Bank und belief sich bei der Unicredit Ende September auf 15,4 Prozent. Dabei ist der zweite Teil des im Jahr 2021 angeschobenen Aktienrückkaufs schon herausgerechnet.
Im dritten Quartal lag der Nettogewinn ohne das Russlandgeschäft mit 1,3 Milliarden Euro fast ein Drittel über dem Vorjahreswert und deutlich über den Erwartungen der Analysten. Dabei halfen der Bank höherer Zinseinnahmen und eine geringere Risikovorsorge für Kreditausfälle. Auch die Erträge fielen mit 4,5 Milliarden Euro besser aus als erwartet. Sie wuchsen im Vergleich zum Vorjahr aber nur um 4,5 Prozent. Es sei das beste dritte Quartal seit mindestens einem Jahrzehnt, sagte Orcel laut Mitteilung.
Die Bank bereinigt sowohl ihre Quartalsergebnisse als auch die Prognose wegen des Angriffskriegs auf die Ukraine um ihr russisches Geschäft. Die Bank ziehe sich "geordnet und entschlossen" zurück, sagte Orcel in dem Fernsehinterview mit Bloomberg. Für einen ähnlichen schrittweisen Rückzug aus Russland hat sich auch die französische Rivalin Societe Generale
Die Unicredit hat seit März ihr grenzüberschreitendes Engagement in dem Land halbiert, es beläuft sich noch auf 3,1 Milliarden Euro. Trotz des reduzierten Umfangs erzielt das Geldhaus aber immer noch höhere Gewinne. Im abgelaufenen Quartal verdiente das Geldhaus in Russland mit 344 Millionen Euro mehr als fünfmal so viel wie ein Jahr zuvor. Dies verdankte sie sowohl höheren Erträgen als auch der Auflösung von Rückstellungen aufgrund des schrumpfenden Kreditbestands.
Inklusive des Geschäfts in Russland belief sich der Nettogewinn im dritten Quartal auf knapp 1,7 Milliarden Euro und fiel damit über 50 Prozent besser aus als ein Jahr zuvor. Die Rückstellungen für Kreditausfälle konnten insgesamt auf 84 Millionen Euro reduziert werden.
Die guten Ergebnisse dürften die Unicredit in ihrer Absicht bestärken, ihre Aktionäre mit Ausschüttungen von mindestens 16 Milliarden Euro bis 2024 zu beglücken. Die Bank plant, den Anlegern für dieses Jahr eine Rendite zukommen zu lassen, die der von 2021 entspricht oder diese übertrifft. Auch im Fall einer schweren Rezession wäre die Bank "in der Lage, den Großteil ihrer Ausschüttungsziele für 2022 bis 2024 erfüllen", sagte Orcel.
Er hatte die Führung der Unicredit 2021 übernommen, sich von mehreren Geschäftsteilen verabschiedet und Arbeitsplätze abgebaut. Er sei zuversichtlich, dass die Bank gut aufgestellt sei, um jedes wirtschaftliche Umfeld zu meistern, das bevorstehe./lew/stw/jha/
Quelle: dpa-AFX