HANNOVER (dpa-AFX) - Der Versicherungskonzern Talanx
An der Börse kamen die Nachrichten nicht gut an. Obwohl der Gewinneinbruch bei der börsennotierten Konzerntochter Hannover Rück
Finanzchef Querner und Vorstandschef Torsten Leue listeten eine Reihe von Risikofaktoren auf, die die Ergebnisse von Talanx im zweiten Halbjahr noch einmal durcheinanderwirbeln könnten. Neben weiteren wirtschaftlichen Schäden im Fall einer zweiten Viruswelle und zunehmenden Todesfall-Zahlen etwa in den USA könnte die gerade angelaufene Wirbelsturmsaison in den USA und der Karibik zu weiteren Belastungen führen. Hinzu kommen die noch einmal verschärften Niedrigzinsen.
Sein ursprüngliches Ziel eines Jahresgewinns von 900 bis 950 Millionen Euro hatte der Talanx-Vorstand wegen der Corona-Krise im April zurückgezogen. Nach dem ersten Halbjahr steht nun ein Gewinn von 325 Millionen Euro zu Buche. Diese Summe könne man aber nicht einfach aufs Gesamtjahr hochrechnen, warnte der Vorstand. So waren Schäden in der Kfz-Versicherung durch den verringerten Straßenverkehr infolge der Lockdown-Maßnahmen zuletzt gesunken. "Ob sich dieser Trend fortsetzt, steht in den Sternen", sagte Querner.
Im zweiten Quartal schlugen die Schließung von Betrieben und der Ausfall von Veranstaltungen bei Talanx teuer zu Buche. Mit 103 Millionen Euro fiel der Überschuss 58 Prozent niedriger aus als ein Jahr zuvor. Zwar stiegen die Prämieneinnahmen konzernweit um vier Prozent auf 9,5 Milliarden Euro. Doch im deutschen Privatkundengeschäft gingen die Prämieneinnahmen infolge der Pandemie deutlich zurück - auch wegen starker Einschränkungen im Vertrieb. "In geschlossenen Bankfilialen verkauft man weniger als in geöffneten Bankfilialen", resümierte Querner. Talanx vertreibt einen wichtigen Teil seiner Versicherungsverträge mithilfe von Partnerbanken.
Unterdessen musste der Konzern allein im zweiten Quartal coronabedingte Schäden in Höhe von 511 Millionen Euro verbuchen. Seit Ausbruch der Pandemie summieren sich die Belastungen damit auf 824 Millionen Euro. Allerdings schlagen diese Schäden nicht in voller Höhe auf den Nettogewinn durch. Denn ein Großteil der Summe entfällt auf den weltweit drittgrößten Rückversicherer Hannover Rück, an dem Talanx nur gut zur Hälfte beteiligt ist.
Zu tragen hatte Talanx zudem Schäden durch die Schließung von großen und kleinen Betrieben infolge der Corona-Krise. Sowohl in der Industrieversicherung als auch in der deutschen Privat- und Firmenkundenversicherung fielen im zweiten Quartal dabei Schäden in zweistelliger Millionenhöhe an. Querner zufolge betraf dies etwa Versicherungskunden aus der Nahrungsmittelbranche, die ihre Produktion wegen der Pandemie zeitweise einstellen mussten. Die Art der betroffenen Kundenbetriebe wollte er aber nicht weiter eingrenzen.
Im Gegensatz zu anderen Versicherern hatte sich der Konzern im Geschäft mit kleinen und mittleren Unternehmen wie Restaurants nicht auf Vertragsklauseln zurückgezogen, nach denen das neuartige Coronavirus in den versicherten Schaden-Auslösern gemäß Infektionsschutzgesetz nicht enthalten war. In der Industrieversicherung für große Unternehmen seien die Bedingungen hingegen restriktiver gewesen, hieß es.
Allerdings will auch Talanx die Versicherungsbedingungen für Gastronomen und andere kleine und mittlere Betriebe ändern. "In Zukunft werden wir keine allgemeinen Betriebsschließungen mehr versichern, sondern nur noch Einzelverfügungen", sagte Jan Wicke, der bei Talanx die Privat- und Firmenversicherung Deutschland führt. Der Manager wird zum 1. September Finanzchef des Konzerns. Der bisherige Finanzvorstand Querner hatte im Juni seinen Rückzug aus dem Vorstand für Ende August bekannt gegeben./stw/mne/fba
Quelle: dpa-AFX