HAMBURG (dpa-AFX) - Steigende Zinsen und die Inflation erschweren derzeit massiv das Umfeld für die stark kreditfinanzierte Immobilienbranche. Die Hamburger Gesellschaft TAG Immobilien
Die Aktie rutschte in der Frühe am MDax-Ende
Barclays-Analyst Sander Bunck begrüßte die Streichung der Dividende, womit TAG Immobilien angesichts des schwierigen Umfelds den richtigen Weg beschreite. Wie groß die Herausforderungen seien, zeigten die begrenzten Fortschritte bei der Veräußerung von Wohnraum, konstatierte der Branchenkenner. Überdies falle die Prognose für das kommende Jahr unter den Erwartungen am Markt aus.
Der TAG-Vorstand bekräftigte zwar seine Ziele für 2022, denen zufolge die für die Immobilienwirtschaft wichtigste Kenngröße FFO I in diesem Jahr auf 188 bis 192 Millionen Euro zulegen soll. 2023 rechnet die Gesellschaft allerdings nur noch mit einem operativen Ergebnis von 170 bis 174 Millionen Euro. Damit würde der Konzern im schlimmsten Fall sogar noch unter das Niveau von 2020 zurücksinken, als der Wert bei knapp 173 Millionen Euro gelegen hatte.
Der Immobilienkonzern begründete den voraussichtlichen Ergebnisrückgang zuvorderst mit höheren Zinsaufwendungen, die allein schon mit rund zehn Millionen Euro zu Buche schlügen. Hinzu kämen steigende steuerliche Belastungen. "(...) aber wir treffen auch ausreichend Risikovorsorge im Hinblick auf höhere Instandhaltungspreise und die stark gestiegenen Energiekosten", sagte TAG-Vorständin Claudia Hoyer laut Mitteilung.
Zwar wurde die Dividendenprognose bereits im Sommer gekürzt, bislang hatte TAG Immobilien den Anlegern aber noch eine Ausschüttung von 0,81 Euro je Aktie in Aussicht gestellt. "In Verbindung mit den für 2023 bereits umgesetzten Refinanzierungsmaßnahmen wird damit die Kapital- und Finanzierungsbasis der Gesellschaft für die kommenden Jahre auf ein nachhaltig stabiles Fundament gestellt", erläuterte Finanzvorstand Martin Thiel. "Weitere Eigenkapitalmaßnahmen sind, auch angesichts der bereits durchgeführten Bezugsrechtskapitalerhöhung, nicht mehr erforderlich."
Sobald sich die Kapital- und Investmentmärkte wieder normalisierten, wolle TAG ihre Dividendenzahlungen wiederaufnehmen und zur bisherigen Ausschüttungsquote von 75 Prozent des FFO I zurückkehren. Eine Entscheidung über einen Vorschlag für die Ausschüttung für 2023 soll jedoch frühestens zum Ende des nächsten Jahres erfolgen. Hierfür spiele neben den Marktbedingungen auch die Refinanzierung aller Verbindlichkeiten bis zum Jahresbeginn 2024 eine gewichtige Rolle. Dies betreffe vor allem eine noch ausstehende Brückenfinanzierung für eine Übernahme in Polen.
Im dritten Quartal stieg unterdessen der operative Gewinn (FFO I) im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um sieben Prozent auf 49,1 Millionen Euro. Nach neun Monaten liegt der Konzern damit bei 145,3 Millionen Euro, ein Plus von sechs Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum.
Dabei stiegen die Mieten in den drei Quartalen an, der Leerstand ging weiter zurück. Auf vergleichbarer Basis und inklusive Leerstandsabbau beschleunigte sich das Mietwachstum im Vergleich zum Vorjahr auf 2,5 Prozent. Das Konzernergebnis sank hingegen vor allem wegen eines niedrigeren Ergebnisses aus der Immobilienbewertung um fast acht Prozent auf knapp 335 Millionen Euro.
Der Hamburger Konzern konzentriert sich mit seinem Portfolio von zuletzt gut 87 200 Immobilien in Deutschland auf sogenannte B- und C-Standorte, die damit in den weiteren Einzugsgebieten der Metropolen und in mittelgroßen Städten liegen. Der größte Teil der Wohnimmobilien befindet sich in Ostdeutschland in Städten wie Gera, Leipzig, Chemnitz, Erfurt sowie im Umfeld von Berlin. Zudem ist TAG Immobilien mit dem Zukauf des Projektentwicklers Vantage Development Ende 2019 in den polnischen Markt eingestiegen und baute das Geschäft zuletzt mit dem Kauf des Wohnungsentwicklers Robyg aus.
Im Nachbarland will TAG früheren Angaben zufolge das geplante Wohnungsportfolio jeweils zur Hälfte vermieten und verkaufen. Nach einem Rückgang der monatlichen Verkaufszahlen zur Mitte des Jahres sei die Zahl bis September wieder gestiegen, hieß es vom Konzern weiter. Die Einnahmen aus der Vermietungstätigkeit in Polen sollen im kommenden Jahr rund vier Millionen Euro zum Betriebsergebnis (FFO I) beitragen. In diesem Jahr spielten sie noch eine "untergeordnete Rolle"./tav/ngu/mis
Quelle: dpa-AFX