MÜNCHEN (dpa-AFX) - Der Weg für die Eigenständigkeit des Siemens
Siemens-Chef Joe Kaeser hatte auf der virtuellen Hauptversammlung intensiv für die Abspaltung geworben. Sie sei "weder ein Schnellschuss noch eine Notlösung, weder eine Zerschlagung noch eine Modeerscheinung". Er sei überzeugt, dass man damit im Interesse von Eigentümern, Kunden, Mitarbeitern und der Gesellschaft handele.
Kaeser musste den Aktionären, die mehr als 200 Fragen eingereicht hatten, dabei erklären, warum Siemens Energy einerseits ein attraktives Unternehmen ist, Siemens selbst es aber nicht mehr im Konzern haben will. Dabei argumentiert er vor allem damit, dass ein eigenständiges Unternehmen schneller und flexibler reagieren könne. Zudem müsse es nicht mehr mit den anderen - meist ertragsstärkeren - Siemens-Geschäftsfeldern um Investitionen konkurrieren sondern könne selbst am Kapitalmarkt aktiv werden.
Dahinter steht Kaesers Skepsis gegenüber Konglomeraten. Diese könnten "veles gut, aber nur weniges, was künftig wichtig ist, wirklich sehr gut", sagte er. Die Abspaltung von Siemens Healthineers
Allerdings ist die Vergangenheit von Siemens reich an Trennungen von Töchtern und Geschäftsbereichen - und nicht jede lief gut. Infineon
Ein solches Schicksal soll Energy nicht drohen. Es sei als starkes, global aufgestelltes und unabhängiges Unternehmen aufgestellt worden, betonte Kaeser mehrmals. Auch von der Arbeitnehmerseite wurde die Abspaltung und finanzielle Ausstattung zuletzt überwiegend als positiv und fair bewertet.
Allerdings gibt es auch Risiken, die auch Kaeser ansprach. So könnten bestimmte Einspar- und Größeneffekte verloren gehen. Zudem habe Energy mit seinem aktuellen Finanz-Rating von "BBB" etwas ungünstigere Konditionen am Kapitalmarkt als der besser bewertete Siemens-Konzern.
Energy - sowohl im fossilen als auch im erneuerbaren Energiegeschäft aktiv - steht zudem vor der Herausforderung, den Strukturwandel in der Energieversorgung zu bewältigen. Hier weist Kaeser, der Aufsichtsratschef von Energy werden soll, bereits die Richtung: Er habe den Vorstand gebeten, zügig einen Plan zum Ausstieg aus der Kohle-Stromerzeugung vorzulegen. "Dieser wird verantwortungsvoller sein, als manche Aktivisten das einseitig fordern, aber sicher konsequenter, als Zögerlinge dies für notwendig halten", sagte er.
Siemens wird nach der Abspaltung zusammen mit seinem Pensionsfonds zunächst noch 45 Prozent der Anteile an Energy halten. Dieser Anteil soll allerdings binnen 12 bis 18 Monaten deutlich sinken.
Mit Energy, das zuletzt mit 91 000 Mitarbeitern rund 29 Milliarden Euro Umsatz machte, entsteht ein eigenständiges Unternehmen, das zu den Schwergewichten in Deutschland gehört. Bei Siemens geht man davon aus, dass Energy relativ bald in den Aktienindex MDax
Quelle: dpa-AFX