DEN HAAG (dpa-AFX) - Der unter dem Druck von Investoren stehende Gas- und Ölkonzern Shell
Grund dafür war eine Abschreibung von 5,2 Milliarden Dollar auf die Bewertung von Terminkontrakten für Rohstoffe, die das Unternehmen zur Absicherung von Schwankungen an den Märkten abgeschlossen hatte. Zudem belasteten im vergangenen Vierteljahresabschnitt die Folgen des Hurrikans Ida, der zu Ausfällen bei der Förderung führte. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn ging deshalb im Quartalsvergleich trotz höherer Ölpreise um rund ein Viertel auf 4,1 Milliarden Dollar zurück. Der Umsatz lag wie im zweiten Quartal bei knapp 62 Milliarden Dollar.
Da der Vorjahreswert noch stark von den Folgen der Corona-Krise und dem damit einhergehenden Ölpreisverfall belastet war, macht der Quartalsvergleich mehr Sinn. Inzwischen hat sich der Markt deutlich erholt und Öl kostet so viel wie seit Jahren nicht mehr. An der Börse kamen die Zahlen nicht gut an. Von Bloomberg befragte Experten hatten mit einem deutlich besseren Ergebnis gerechnet. Die in den vergangenen Wochen gut gelaufene Aktie rutschte an der Amsterdamer Börse im frühen Handel bis zu knapp fünf Prozent ab und beendete damit erst einmal die jüngste Erholung. Zuletzt konnte sich das Papier etwas erholen und lag nur noch rund zwei Prozent im Minus.
Der Kurs legte trotz des Abschlags nach den enttäuschenden Zahlen in diesem Jahr bisher fast 40 Prozent zu und zählt damit zu den Gewinnern unter den europäischen Ölaktien. Allerdings hatte der Kurs der Aktie 2020 wegen der Corona-Pandemie und dem damit einhergehenden zwischenzeitlichen Ölpreis-Verfall fast die Hälfte an Wert verloren. Seit Ende 2019 sackte der Börsenwert damit um etwas mehr als ein Fünftel auf 158 Milliarden Euro ab. Damit ist Shell aber immer noch der mit Abstand wertvollste Ölkonzern Europas.
Der Konzern hat einem Bericht zufolge seit Kurzem einen neuen Großaktionär, der für Ärger sorgt. Der als aktivistisch bekannte Investor Dan Loeb kaufte über seinen Fonds Third Point nach Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg Anteile für 750 Millionen Dollar. Damit halte er zwar deutlich weniger als ein Prozent der Anteile, wolle aber Druck auf den Konzern machen. So fordert er eine Aufspaltung, um so Werte für die Investoren zu schaffen.
Vor Loeb war Shell bereits vom niederländischen Pensionsfonds ABP, dem größten seiner Art in Europa, unter Beschuss geraten. Dieser will ab 2023 Aktien von Unternehmen mit dem Schwerpunkt fossiler Energie im Wert von rund 15 Milliarden abstoßen - darunter auch die Anteile von Shell. Shell-Chef van Beurden verteidigte am Donnerstag die Aufstellung des Konzerns mit der breiten Palette über Gas und Öl bis hin zu den Erneuerbaren Energien. Ohne Konzerne wie uns werde der Wandel der Weltwirtschaft zu einer geringen Emissionen von Treibhausgassen deutlich schwieriger, sagte er.
Um die Investoren und auch um ein Gerichtsurteil zu erfüllen, verpasste er dem Konzern neue Ziele für die Reduktion von CO2-Emissionen. Diese sollen jetzt bis 2030 im Vergleich zu 2016 um 50 Prozent sinken und damit deutlich stärker als bisher angepeilt. 2050 sollen sie dann bei null sein. Der Konzern hatte im Mai in den Niederlanden vor Gericht eine historische Schlappe erlitten. Das Bezirksgericht in den Haag hatte damals einer Klage von Umweltschützern stattgegeben und angeordnet, dass die Emission von Kohlendioxid drastisch gesenkt werden muss.
Fortschritte konnte der Konzern beim Schuldenabbau vermelden. Diese sanken vor allem dank eines sehr hohen Kapitalzuflusses im operativen Geschäft in den drei Monaten bis Ende September um rund acht Milliarden Dollar. Mit jetzt nur noch knapp 58 Milliarden Dollar lag der Netto-Schuldenstand auf dem niedrigsten Niveau seit Anfang 2016. Shell hatte im vergangenen Jahr, als die Ölpreise eingebrochen waren, wie die meisten Konkurrenten die Investitionen eingedampft und stark an den Kosten geschraubt, um wieder profitabel zu werden. Davon profitiert der Konzern jetzt im Tagesgeschäft.
Dank des Kapitalzuflusses und der geringeren Schulden kann Shell inzwischen auch wieder mehr Geld an die Anteilseigner über den Rückkauf eigener Aktien und höhere Dividenden ausschütten. Vor allem die direkte Ausschüttung über vergleichsweise hohe Quartalsdividenden war vor der Corona-Krise für viele institutionelle Investoren ein wichtiger Grund für das Shell-Papier. Dieser Grund entfiel in der Pandemie, da der Konzern wie viele Konkurrenten erstmals seit dem zweiten Weltkrieg die Quartalsdividende kappen mussten. Im Sommer konnte Shell die Dividende wieder etwas erhöhen, liegt aber immer noch deutlich unter Vorkrisen-Niveau./zb/mis/jha/
Quelle: dpa-AFX