BERLIN (dpa-AFX) - Die Bundesregierung ist bemüht, beim grundlegenden und klimafreundlichen Umbau der Energieversorgung Zuversicht zu verbreiten. "Die Energiewende kann und wird uns auch gelingen", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Dienstag bei einer Tagung des Stadtwerkeverbands VKU in Berlin. Die Zukunft gehöre den erneuerbaren Energien - aus Kostengründen, aus Umweltgründen und aus Sicherheitsgründen.
Die Bundesregierung fördere die energetische Sanierung und den beschleunigten Einsatz von erneuerbaren Energien in Gebäuden, sagte der Kanzler. Ab 2024 sollten jedes Jahr 500 000 neue Wärmepumpen installiert werden - dieses Ziel war bereits bekannt. Der Bundesverband Wärmepumpe rechnet für dieses Jahr mit 350 000 neuen Wärmepumpen in Deutschland.
Wärmepumpen sind in der Regel aber noch deutlich teurer als Gas- oder Ölheizkessel. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte Haushalten staatliche Unterstützung beim Abschied von Öl- und Gasheizungen zu. Die Wärmefrage solle nicht zu einer sozialen Frage werden, sagte Habeck bei der VKU-Tagung.
Der Wirtschaftsminister kündigte an, die Heizungspläne sollten mit einer "großen sozialpolitischen Unterstützungsmaßnahme" flankiert werden - so lange Wärmepumpen deutlich teurer seien als Gasheizungen. Habeck sprach von öffentlichen Zuschüssen zumindest für Haushalte, die sich sonst einen Austausch nicht leisten könnten.
Habeck verteidigte die umstrittenen Pläne für ein Verbot neuer Gas- und Ölheizungen ab 2024. Neue Heizungen sollen dann mindestens zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Wirtschafts- und Bauministerium arbeiten an einem entsprechenden Gesetzentwurf. SPD, Grüne und FDP hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, dass ab 2025 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energieträgern laufen soll. Vor einem Jahr beschloss die Koalition, dies um ein Jahr vorzuziehen.
75 Prozent der Heizungen in Deutschland würden noch mit Erdgas und Erdöl betrieben, sagte Habeck. "Wenn wir unseren Sonntagsreden ein bisschen, ein bisschen Glauben schenken, dann kann das nicht so bleiben", sagte der Minister mit Blick auf Klimaziele. Man müsse diese Debatte jetzt führen. Seiner Ansicht nach gebe es keine Alternative, als in diesem Jahr die Entscheidung zu treffen, wie auch der Wärmebereich dekarbonisiert werde.
Scholz verwies auf Fortschritte beim Ausbau des Ökostroms aus Wind und Sonne und auf den geplanten Bau neuer Gaskraftwerke, die dann auf Wasserstoff umgestellt werden können. Die Energiebranche beklagt, für den Bau neuer Gaskraftwerke gebe es derzeit zu wenig Anreize. Experten warnen vor einer drohenden Stromlücke.
Bis 2030 sollen nach Plänen der Bundesregierung 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien produziert werden, derzeit ist es knapp die Hälfte. Die drei noch verbliebenen Kernkraftwerke sollen Mitte April vom Netz gehen. Der Kohleausstieg soll nach dem Willen der Koalition um acht Jahre auf 2030 vorgezogen werden - für das Rheinische Revier ist das schon vereinbart, für die Braunkohlereviere im Osten noch nicht.
Der Kanzler sagte weiter, der Bund werde sogenannte Power Purchase Agreements zwischen Abnehmern und Erzeugern erneuerbarer Energien fördern. Das sind spezielle, oft langfristige und direkte Stromabnahmeverträge.
Habeck hatte am Montag zum Abschluss der Kabinettsklausur in Meseberg bekräftigt, bald ein Konzept für einen Industriestrompreis vorlegen zu wollen. Vor allem die Offshore-Windkraft stelle große Mengen Energie dar, die dann über Direktverträge den Unternehmen zugutekommen könnten.
Industriegewerkschaften sehen wegen der im international Vergleich hohen Strompreise in Deutschland Hunderttausende Jobs in Gefahr. Insbesondere in den energieintensiven Branchen wie der Stahl-, Chemie- oder Baustoffindustrie drohten Arbeitsplatzverluste und Standortschließungen, erklärten die Gewerkschaften IG Metall, IGBCE und IG BAU. Mit einem bundesweiten Aktionstag am Donnerstag wollen sie der Forderung nach einem Industriestrompreis Nachdruck verleihen, der international wettbewerbsfähig sei und langfristige Planbarkeit gewährleiste./hoe/DP/mis
Quelle: dpa-AFX