BRÜSSEL (dpa-AFX) - Teils höhere Kosten, aber auch keine bösen Preisüberraschungen mehr: Für Online-Einkäufe aus Nicht-EU-Staaten wie China oder den USA gelten seit Donnerstag neue Regeln. Kleinere Waren mit einem Wert unter der bisherigen Freigrenze von 22 Euro sind künftig auch umsatzsteuerpflichtig, wie die EU-Kommission in Brüssel mitteilte. Zugleich sollen aber auch versteckte Zusatzkosten wegfallen und die Transparenz für Kundinnen und Kunden erhöht werden.
Konkret bedeuten die neuen Regeln, dass in Deutschland ab sofort auch bei Waren mit einem Wert von unter 22 Euro 19 Prozent Mehrwertsteuer aufgeschlagen werden, unter anderem für Bücher oder Lebensmittel fallen sieben Prozent an. Kostete beispielsweise eine CD von einem US-Versandhändler bislang 20 Euro, werden mit Steuern künftig 23,80 Euro fällig. Der eigentliche Zoll, der gesondert erhoben wird, gilt weiter für Waren mit einem Wert ab 150 Euro.
Kundinnen und Kunden sollen über die neuen Regeln aber auch besser vor bösen Überraschungen geschützt werden. Wer bisher Produkte aus Drittstaaten bestellt hatte, musste teilweise mit Extrakosten für die Anmeldung beim Zoll durch das Transportunternehmen rechnen. Das soll ab sofort wegfallen und der angegebene Preis auch der Endpreis sein. Um den Unternehmen den Verkauf in andere Mitgliedstaaten zu erleichtern, können sie sich bei einem Portal registrieren, das die Erfassung und Abrechnung der Mehrwertsteuer erleichtert.
Die EU will mit den Neuregelungen verhindern, dass Händler aus Nicht-EU-Staaten ihre hiesigen Wettbewerber weiter unterbieten können. Bislang hatten Händler mit Sitz in der EU auf all ihre Waren Umsatzsteuer abführen müssen, während für Importe aus Drittstaaten die Freigrenze von 22 Euro galt. "Wir denken, dass die Verbraucher die zum Teil etwas höheren Preise akzeptieren sollten. Denn sie garantieren einen fairen Wettbewerb", kommentiert der Steuerexperte des Handelsverbands Deutschland (HDE), Ralph Brügelmann.
Die Freigrenze wurde in der Vergangenheit zudem auch für Steuerbetrug missbraucht. Einige Händler kennzeichneten Pakete so mit einem Preis von unter 22 Euro, obwohl ein viel teureres Produkt enthalten war. Damit wurde die Mehrwertsteuer nicht automatisch abgeführt. Der Zoll kam den Machenschaften nur durch Kontrollen auf die Schliche. Den Schaden für die EU-Staatskassen durch solche Schlupflöcher schätzt die EU-Kommission auf sieben Milliarden Euro jährlich.
Künftig dürfe es nicht mehr sein, "dass jemand etwas als Babyfon für fünfzehn Euro deklariert und letztlich ist ein I-Phone drin", sagt Brügelmann. Dafür brauche man aber auch mehr Kontrollen.
Außerdem will die EU sicherstellen, dass die Steuern am Lieferort der Waren gezahlt werden. Dafür gilt ab sofort ein EU-weiter Schwellenwert von 10 000 Euro, ab dem Händler Mehrwertsteuer abführen müssen. Bislang hatten in jedem EU-Land einzelne Schwellenwerte gegolten. Die Steuer wird künftig nur noch mit einem Finanzamt abgerechnet und auf die EU-Staaten verteilt, in denen der Händler Umsatz gemacht hat.
Der Branchenverband für Online- und Versandhandel bevh nennt die Regelungen "einen Schritt nach vorn". Für Verbraucherinnen und Verbraucher werde "konkrete Vergleichbarkeit" bei den Preisen geschaffen. Außerdem würden nationale Händler damit im internationalen Preiskampf ein Stück weit entlastet.
"Grundsätzlich ist das eine Vereinfachung, und wir begrüßen das als Schritt in die richtige Richtung", sagt auch Brügelmann. Kompliziert sei jedoch, die geltenden Mehrwertsteuersätze für einzelne Produkte herauszufinden. Hier brauche es eine einheitliche Datenbank. EU-weit einheitliche Mehrwertsteuersätze lehnt der Handelsverband jedoch ab./dhu/DP/zb
Quelle: dpa-AFX