BADEN-BADEN (dpa-AFX) - Nach der Kursattacke eines Leerverkäufers behält sich das Leasing- und Finanzierungsunternehmen Grenke
Der selbst ernannte Research-Dienst Viceroy Research hatte in seinem 64 Seiten langen Bericht schwere Anschuldigungen gegen das Unternehmen erhoben, das Leasingmodelle zum Beispiel für Büroausstattungen und Software anbietet. Grenke hatte am Dienstagabend reagiert: Der fragliche Bericht der US-Investorengruppe enthalte "Unterstellungen, die Grenke auf das Schärfste zurückweist", hatte die im MDax
Ein zentraler Vorwurf laute, dass von den im Halbjahresfinanzbericht 2020 ausgewiesenen 1,078 Milliarden Euro liquiden Mitteln ein substanzieller Anteil nicht existiere, so das Unternehmen. "Dies ist nachweislich falsch", stellte Grenke fest. Der Konzern betonte, dass sich - wie im Halbjahresbericht veröffentlicht - 849 Millionen Euro zum 30. Juni 2020 auf Konten der Deutschen Bundesbank befunden hätten. Dies seien fast 80 Prozent der liquiden Mittel gewesen. "Per heute beträgt das Guthaben bei der Bundesbank 761 Millionen Euro", hieß es weiter.
An der Börse ist die Nervosität aber weiter sehr hoch. Die Aktie rutschte am Vormittag um weitere bis zu fast 22 Prozent auf 35 Euro und damit einem neuen Tiefststand seit 2015 ab. Seit Montagabend brach der Kurs damit um bis zu rund 36 Prozent ein - damit hat sich der Börsenwert von Grenke um mehr als 900 Millionen Euro verringert. Die Attacke von Viceroy Research sei vom Zeitpunkt her perfekt gewesen und gut vorbereitet worden, schrieb Warburg-Analyst Marius Fuhrberg in einer am Mittwoch vorliegenden Studie.
Auch wenn sich einige der Anschuldigungen kaum beweisen lassen dürften, müsse das Unternehmen vieles klar stellen, was kurzfristig kaum möglich sein dürfte. Es sei nicht zu leugnen, dass sowohl die Unternehmensstruktur als auch die Bilanz komplex und verwirrend erscheine. Der Experte bleibt aber vorerst bei seinem Kaufvotum für das Papier, solange es hier noch keine Klärung gebe. Commerzbank-Experte Christoph Blieffert bestätigte seine "Hold"-Einstufung mit einem Kursziel von 50 Euro.
Viceroy Research hatte Grenke-Aktien nach eigenen Angaben leer verkauft - das heißt, dass die Investorengruppe Anteile verkauft hat, ohne sie zu besitzen und sie jetzt billiger erwerben kann. So profitiert Victory an den fallenden Kursen. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) kündigte an, überprüfen zu wollen, ob Grenke oder andere - etwa Leerverkäufer - den Preis der Aktie manipuliert haben. Vor zwei Jahren wurde bereits der TV-konzern ProSiebenSat.1
Hinter dem selbst ernannten Researchdienst soll laut Medienberichten der britische Investor Fraser Perring stecken, der bereits vor mehreren Jahren auch schwere Vorwürfe der Bilanzmanipulation gegen den inzwischen insolventen Zahlungsabwickler Wirecard
Quelle: dpa-AFX