WIESBADEN (dpa-AFX) - Deutschland setzt bei der Stromproduktion weiterhin vor allem auf Kohle. Im dritten Quartal 2022 stammte mehr als ein Drittel (36,3 Prozent) der gesamten hierzulande erzeugten Strommenge von 118,1 Milliarden Kilowattstunden aus dem fossilen Brennstoff, wie das Statistische Bundesamt errechnet hat. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum habe die Menge an Kohlestrom um 13,3 Prozent zugenommen, teilte die Wiesbadener Behörde am Mittwoch mit.
Auch Erdgas wurde demnach trotz hoher Gaspreise mehr für die Stromerzeugung eingesetzt als ein Jahr zuvor: Hier erhöhte sich der Anteil um 4,5 Prozent auf 9,2 Prozent des eingespeisten Stroms.
Trotz der Anstiege bei Kohle und Erdgas ging die aus konventionellen Energieträgern insgesamt erzeugte Strommenge im Zeitraum Juli bis einschließlich September 2022 zurück. Sie verringerte sich zum Vorjahresquartal um 3,0 Prozent auf 55,6 Prozent der eingespeisten Strommenge.
Das Bundesamt erklärte dies damit, dass nur noch gut halb so viel Atomstrom erzeugt wurde wie ein Jahr zuvor. Wegen des beschlossenen Atomausstiegs waren zum Jahresende 2021 drei von sechs bis dahin noch laufenden Kernkraftwerken in Deutschland vom Netz genommen worden.
Erneuerbare Energien wie Windkraft, Photovoltaik und Biogas steuerten nach Angaben der Statistiker im dritten Quartal 44,4 Prozent zur heimischen Stromerzeugung bei. Ein Jahr zuvor war der Anteil mit 43 Prozent noch etwas geringer. Außergewöhnlich viele Sonnenstunden sorgten im laufenden Jahr für einen starken Anstieg bei Strom aus Photovoltaik-Anlagen, wie das Bundesamt erklärte.
Auch im vierten Quartal dürfte der Kohle-Anteil an der Stromerzeugung hoch sein. Grund ist die inzwischen erfolgte Rückkehr von Kohlekraftwerken aus der Versorgungsreserve und der Netzreserve. "Der zusätzliche Einsatz von Kohle im Stromsektor soll den Gasverbrauch im Stromsektor senken und so insgesamt Gas einsparen", begründet die Bundesregierung die entsprechenden Regelungen.
Im dritten Quartal waren bereits zwei Steinkohlekraftwerke wieder an den Markt gegangen. Bis zum 21. November kamen laut Bundesnetzagentur weitere 14 Steinkohle- und Braunkohleblöcke hinzu, die sonst in die Reserve gegangen beziehungsweise in der Reserve geblieben wären. Diese insgesamt 16 Blöcke haben eine Kapazität von rund 6900 Megawatt. Dies entspricht der Leistung von rund sieben Atomkraftwerken.
Wie das Statistische Bundesamt weiter mitteilte, ging im dritten Quartal die importierte Strommenge gegenüber dem Vorjahresquartal zurück, während die Stromexporte zulegten. Besonders deutlich war demnach der Rückgang um 88 Prozent bei den Stromimporten aus Frankreich. "Diese Entwicklung lässt sich vor allem auf technische Probleme in den französischen Kernkraftwerken zurückführen", hieß es. Laut Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen wurden in den ersten neun Monaten 2022 bereits 4,4 Terawattstunden Strom mehr nach Frankreich exportiert als von dort bezogen. 2021 exportierte Deutschland insgesamt rund 14 Terawattstunden mehr Strom als es einführte./ben/DP/nas
Quelle: dpa-AFX