BERLIN (dpa-AFX) - Nach dem Vizekanzler auch noch die Kanzlerin: Angela Merkel (CDU) muss am Freitag (10.00 Uhr) im Untersuchungsausschuss zum wohl größten Bilanzskandal der deutschen Nachkriegszeit aussagen. Sie ist als Zeugin geladen, weil sie sich im September 2019 bei einer Reise nach China für Wirecard
Den Abgeordneten im Untersuchungsausschuss wird es vor allem darum gehen, wie Merkel auf Wirecard, damals ein aufstrebendes Fintech und Dax
Der Einsatz der Kanzlerin sei für das Skandalunternehmen Gold wert gewesen, meinen die Abgeordneten im Untersuchungsausschuss - auch weil Wirecard damit Kritikern entgegentreten konnte. Unbeabsichtigt habe Merkel so zu einer Verlängerung des mutmaßlichen Bilanzbetrugs beigetragen.
Wirecard hatte im vergangenen Sommer dann eingestanden, dass 1,9 Milliarden Euro aus der Bilanz nicht auffindbar sind. Die Münchner Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das inzwischen insolvente Unternehmen seine Bilanzen mindestens seit 2015 fälschte. Durch die Pleite entstand nach Rechnung der Union ein wirtschaftlicher Schaden von rund 22 Milliarden Euro - viele Kleinanleger verloren Geld.
In dem Skandal ist auch Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hart unter Beschuss. Er sagte am Donnerstag ebenfalls im Ausschuss aus und betonte, die Regierung trage keinerlei Verantwortung für den aus seiner Sicht großangelegten Betrug. Union und Opposition sehen Scholz dagegen schon in der politischen Verantwortung - denn sein Ministerium ist zuständig für die Finanzaufsicht Bafin, die Unregelmäßigkeiten bei Wirecard hätte aufdecken können. Scholz und die SPD dagegen sehen vor allem Fehler bei den Wirtschaftsprüfern - allerdings auch Reformbedarf bei der Bafin.
Scholz wurde mehr als neun Stunden befragt - ähnlich wie am Vortag sein Staatssekretär Jörg Kukies. Auch bei Merkel habe man viel Zeit, ließen die Abgeordneten vor den Befragungen durchblicken. Es wird allerdings damit gerechnet, dass sie lange nicht so umfassend befragt wird wie der Vizekanzler./tam/DP/zb
Quelle: dpa-AFX