WIESBADEN (dpa-AFX) - Die Menschen in Deutschland besitzen immer mehr Autos. Weil die Zahl der Neulassungen schneller steigt, als die Bevölkerung wächst, kamen zum Jahresbeginn 580 Autos auf 1.000 Einwohner, wie das Statistische Bundesamt berichtet. Das sind zwei Autos mehr als 2023 und sogar 37 Fahrzeuge mehr als im Jahr 2014. Der Rekord von 583 Autos pro 1.000 Bürger und Bürgerinnen datiert allerdings aus dem Jahr 2022.
Kurioserweise werden die inzwischen 49,1 Millionen Pkw in Deutschland aber auch weniger bewegt. Laut Kraftfahrtbundesamt wurden 2023 mit den Autos rund 591 Milliarden Kilometer zurückgelegt. Das war der fünfte Jahresrückgang in Folge. 2018 waren es noch 39 Milliarden Kilometer mehr. Im Schnitt legte ein deutscher Pkw vergangenes Jahr 12.320 Kilometer zurück, 150 weniger als noch vor einem Jahr und ganze 1.791 Kilometer weniger als noch 2014.
Fahrzeuge halten länger
Der Autobestand in Deutschland habe seinen Höhepunkt trotz aller Abgesänge noch nicht erreicht, sagt Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer. Das Wachstum habe sich zwar verlangsamt, doch zeige der Vergleich mit den USA das Potenzial. Dort kämen rund 800 Autos auf 1.000 Einwohner. Auch in europäischen Ländern wie Polen oder Italien gibt es im Verhältnis deutlich mehr Autos als hierzulande. Neue Technologien wie autonomes Fahren oder der Elektroantrieb machten Autos zudem für die Menschen grundsätzlich komfortabler und interessanter.
Auch die Industrie hat zum stetigen Flottenwachstum beigetragen, denn die Fahrzeuge halten einfach länger als noch vor wenigen Jahrzehnten. Inzwischen sind die in Deutschland zugelassenen Autos im Schnitt 10,3 Jahre alt. Noch in den 1980er-Jahren waren zu diesem Zeitpunkt viele Wagen längst durchgerostet.
"Neue Straßen sind wichtig"
Experte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach sieht in der zunehmenden Autodichte einen langfristigen Trend, der längst nicht beendet sei. Auch hier greife der Vergleich mit den USA: "Die Menschen leisten sich einfach mehrere Autos, wenn ihr Wohlstand steigt." Anders als beispielsweise in Los Angeles sei es aber in deutschen Ballungsräumen längst nicht immer vordergründig rational, für jeden Weg das Auto zu benutzen.
Auch Dudenhöffer plädiert für einen Verkehrsmix mit einem starken Personen-Nahverkehr in den städtischen Zentren. Das Auto dürfe aber nicht vernachlässigt werden. "Neue Straßen sind wichtig, ebenso wichtig wie neue Schienen oder Bahnhöfe", sagt er. Je weiter man in die Fläche gehe, werde das Auto für die Menschen immer wichtiger.
Unterschied zwischen Ost und West
Tatsächlich zeigen die Zahlen des Bundesamtes deutliche regionale Unterschiede. So gibt es in den Stadtstaaten Berlin (329), Hamburg (426) und Bremen (435) verhältnismäßig wenig Autos pro 1.000 Einwohner. Dort sind die Nahverkehrsnetze gut ausgebaut, der Fahrradverkehr steigt und nicht jeder Mensch muss oder will ein eigenes Auto besitzen. Berlin ist das einzige Bundesland, in dem die Autodichte seit 2014 zurückgegangen ist.
Eine deutlich größere Flotte ist in den Flächenländern unterwegs. Das Saarland liegt mit 655 Autos auf 1.000 Einwohner an der bundesdeutschen Spitze vor Rheinland-Pfalz (630) und Bayern (623). Sachsen zeigt mit 534 Wagen den niedrigsten Wert eines Flächenlandes. Alle ostdeutschen Flächenländer liegen unter dem Bundesschnitt, alle westdeutschen darüber./ceb/DP/nas
Quelle: dpa-AFX