HONGKONG/LONDON (dpa-AFX) - Die Corona-Pandemie hat die britische Großbank HSBC
Experten hatten im Schnitt allerdings mit einem Rückgang des um Sondereffekte bereinigten Vorsteuerergebnisses auf 2,8 Milliarden Dollar gerechnet. Hauptgrund für den überraschend hohen Gewinn war eine niedrigere Risikovorsorge für faule Kredite und Abschreibungen auf Darlehen. Diese ging nicht nur im Vergleich zum coronabedingt außerordentlich hohen Wert im zweiten Quartal, sondern auch im Jahresvergleich zurück und lagen nur noch bei 785 Millionen Dollar. An der Börse sorgten die Zahlen für eine kräftige Erholung der zuletzt so arg gebeutelten Aktie.
Ihr Kurs legte im frühen Handel bis zu sieben Prozent auf knapp 342 Pence zu und konnte die Gewinne am Vormittag halten. Im laufenden Jahr hat die Aktie aber immer noch über 40 Prozent an Wert verloren und damit etwas mehr als der europäische Branchenindex Stoxx 600 Banks
Da die Geschäfte zuletzt etwas besser liefen als erhofft, könnte es für die Aktionäre doch noch eine Dividende für das laufende Jahr geben. Derzeit schüttet die Bank wegen der Corona-Krise nicht wie sonst üblich vierteljährlich eine Gewinnbeteiligung aus. Die Aufseher haben die Banken dazu aufgefordert, das Geld lieber im Haus zu behalten, um für Notfälle gerüstet zu sein. Jetzt kündigte Konzernchef Noel Quinn an, Anfang des kommenden Jahres über eine Ausschüttung für 2020 entscheiden zu wollen.
Eine Dividende habe dabei Vorrang vor möglichen Aktienrückkäufen, sagte Finanzvorstand Ewen Stevenson. Auch hier gelte es, zunächst die weitere Entwicklung abzuwarten. Neben den Herausforderungen durch die Corona-Krise steht die Bank auch noch vor den Aufgaben, die ihr durch den Brexit gestellt werden. Sollte es hier nicht zu einem Handelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien kommen, würde dies zu einem erheblichen Anstieg bei der Risikovorsorge führen, sagte der Finanzchef.
Konzernchef Quinn, der den Führungsposten erst vor Kurzem fest übernommen hatte, kündigte zudem weitere Einsparungen an. Konkrete neue Ziele nannte er nicht. Diese soll es bei der Vorlage der 2020er-Zahlen Anfang kommenden Jahres geben. Die HSBC hatte im Februar angekündigt, rund 35 000 Stellen zu streichen, Geschäftsfelder zusammenzulegen und sich noch stärker auf Asien zu verlegen. Den damaligen Angaben zufolge sollen die jährlichen Kosten um rund 4,5 Milliarden Dollar auf unter 31 Milliarden Dollar sinken.
So wie es derzeit aussieht, kann die Bank ihr Einsparziel mit den eingeleiteten Maßnahmen bereits übertreffen. Auch der Abbau von Geschäftsteilen, die der Bank zu risikoreich sind oder nicht mehr ertragreich genug sind, läuft besser als geplant. Durch die im Februar angekündigten Maßnahmen soll die Zahl der Stellen auf etwa 200 000 sinken. Quinn setzt damit die Rosskur der vergangenen Jahre fort. Nach der Finanzkrise hatte sich die HSBC aus vielen Geschäftsfeldern und Ländern zurückgezogen und mehr als 70 000 Stellen abgebaut.
Die Bank war im vergangenen Jahrzehnt zudem an vielen Skandalen der Branche beteiligt. So hatte sie 2012 eine Strafe von 1,9 Milliarden Dollar im Zusammenhang mit Geldwäsche-Vorwürfen bezahlt. Der Bank wurde damals unter anderem vorgeworfen, mexikanischen Drogenbaronen und saudi-arabischen Terrorfinanzierern Zugang zum US-Finanzsystem verschafft zu haben. Zudem verstieß sie gegen Iran-Sanktionen. Die Vorwürfe wurden im September durch die Berichterstattung über ein Leak im US-Finanzministerium, den sogenannten FinCEN-Files, wieder hochgekocht und zum Teil erneuert. Dies hatte den Aktienkurs zusätzlich unter Druck gebracht./zb/stw/fba
Quelle: dpa-AFX