HANNOVER (dpa-AFX) - Der weltweit drittgrößte Rückversicherer Hannover Rück
Die Hannover-Rück-Aktie gewann am Vormittag rund zwei Prozent an Wert auf 168,90 und war damit zweitstärkster Titel im Dax
Dass die Zerstörungen durch Hurrikan "Ian" Ende September bei der Hannover Rück nicht teurer zu Buche schlagen, erklärte Finanzvorstand Clemens Jungsthöfel mit dem geringen Marktanteil seines Unternehmens in Florida. Der Konzern habe sein dortiges Geschäft schon vor einigen Jahren zurückgefahren - wegen des niedrigen Prämienniveaus und um seine Risiken besser zu streuen. Im Fall des Hurrikans liege der Marktanteil der Hannover Rück lediglich bei etwa 0,7 Prozent, sagte der Manager in einer Telefonkonferenz mit Journalisten.
Bei der Summe von 276 Millionen Euro handelt es sich um den erwarteten Nettoschaden. Dabei ist bereits derjenige Teil der Risiken abgezogen, den die Hannover Rück wiederum bei anderen Unternehmen rückversichert oder etwa in Form von Katastrophenanleihen an Anleger am Kapitalmarkt abgegeben hat. Der Bruttoschaden werde höher ausfallen, sagte Jungsthöfel. Eine Summe könne er aber noch nicht nennen.
Insgesamt dürften die Hurrikan-Schäden nach Einschätzung der Hannover Rück die Versicherungsbranche etwa 50 bis 60 Milliarden US-Dollar (50,6 bis 60,7 Mrd Euro) kosten. Die beiden weltgrößten Rückversicherer gehen sogar von noch höheren Belastungen aus - für die Branche insgesamt, aber auch in ihrem eigenen Geschäft. So rechnet die Munich Re für sich selbst mit einer Schadenbelastung von 1,6 Milliarden Euro, die Swiss Re geht von 1,3 Milliarden US-Dollar aus.
Hurrikan "Ian" war in diesem Jahr bisher der mit Abstand schwerste Naturkatastrophenschaden für die Versicherungsbranche. Im ersten Halbjahr hatten bereits andere Katastrophen wie die Winterstürme in Europa und die Überflutungen in Australien und Südafrika immense Schäden angerichtet. Schon vor "Ian" sei 2022 ein Jahr mit überdurchschnittlicher Großschadenbelastung gewesen, sagte Hannover-Rück-Chef Henchoz.
In den ersten neun Monaten summierten sich die Großschäden bei der Hannover Rück auf fast 1,5 Milliarden Euro. Damit überstiegen sie das veranschlagte Budget um rund 400 Millionen Euro. Für erwartete Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat der Konzern insgesamt 331 Millionen Euro zur Seite gelegt, davon 15 Millionen im dritten Quartal, wie der Finanzchef erklärte. Es gebe aber weiterhin kaum konkrete Schadenmeldungen, sagte Jungsthöfel. In der klassischen Rückversicherung sind Kriegsrisiken ausgeschlossen, in einigen Spezialsparten jedoch mitversichert.
Dass die Hannover Rück trotz der Großschäden an ihrem Gewinnziel für 2022 festhält, erklärte Vorstandschef Henchoz auch mit Gewinnen aus inflationsbesicherten Anleihen in den Kapitalanlagen. Diese dürften die hohe Schadenbelastung abfedern. Von der Nachrichtenagentur Bloomberg befragte Analysten hatten zuletzt im Schnitt mit einem Jahresgewinn unterhalb der Zielspanne gerechnet.
Im dritten Quartal verdiente die Hannover Rück unter dem Strich rund 222 Millionen Euro und damit knapp ein Fünftel mehr als ein Jahr zuvor. Damals hatten die verheerende Flutkatastrophe in Deutschland und die Folgen von Hurrikan "Ida" in den USA am Ergebnis gezehrt. In den ersten neun Monaten des Jahres verdiente die Hannover Rück insgesamt knapp 871 Millionen Euro, knapp zwei Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.
Wie andere Rückversicherer will die Hannover Rück bei der anstehenden Vertragserneuerung im Schaden- und Unfallgeschäft zum Jahreswechsel bei ihren Kunden deutlich an der Preisschraube drehen. Das Management begründet dies mit den immensen Preissteigerungen, etwa bei Kfz-Reparaturen und im Baugewerbe. "Die hohen Inflationsraten verteuern die Wiederaufbaukosten noch dazu", sagte Henchoz.
Im laufenden Jahr will die Hannover Rück ihre konzernweiten Bruttoprämieneinnahmen währungsbereinigt weiterhin um mindestens 7,5 Prozent steigern. In den ersten neun Monaten legten die Bruttoprämien auch wegen des schwachen Euro im Verhältnis zum US-Dollar um 21 Prozent auf 26,3 Milliarden Euro zu. Bei konstanten Währungskursen hätte das Plus immerhin 13,5 Prozent betragen./stw/ngu/mis
Quelle: dpa-AFX